Meine Frage zum Sonntag: Was ist eigentlich Erfolg?

Was ist eigentlich Erfolg?

Statt „Was gibt es zu essen?“ oder „Welcher Tatort kommt heute Abend?“ ist meine Frage zum heutigen Sonntag keine geringere als diese: Was ist eigentlich Erfolg?

„Puh!“ möchte ich mir da fast selbst zurufen. „Ein weniger komplexes Thema hast du wohl nicht finden können, oder?“ Nein, konnte ich nicht. Denn jetzt, fast zwei Jahre nach Gründung von Frollein Herr beschäftigt mich diese Frage mehr denn je. Der Welpenschutz ist vorbei, aus meinem Baby ist ein Business geworden und mich treiben so einige Fragen um: Was habe ich bisher erreicht? Bin ich auf dem richtigen Weg? Und wo soll es eigentlich hingehen? Stelle ich mich diesen Fragen, komme ich um eine weitere nicht umhin: Bin ich denn eigentlich erfolgreich? Und wie genau finde ich das heraus?

Um eine Antwort auf diese zugegebenermaßen große und bedeutungsschwere Frage zu finden, handhabe ich es zunächst so, wie es jeder gute Repräsentant der Generation Y tun würde – ich google sie. „Was ist eigentlich Erfolg?“ gebe ich in die Suchmaske ein und finde Millionen über Millionen Einträge. Und dennoch: Aus Ermangelung an zufrieden stellenden Antworten breche ich mein ambitioniertes Vorhaben vorzeitig wieder ab. Von Wikipedia bis zu psychologischen Fachseiten finden sich im Netz die unterschiedlichsten Definitionen, Forschungsansätze und natürlich auch der ein oder andere Pinterestspruch à la „Erfolg ist keine Tür, sondern eine Treppe.“. Ich stolpere über Worte wie Erfolgsdruck, Erfolgsgesellschaft und Erfolgsgeschichten – bin aber nicht wirklich schlauer als vorher. Auf einen Definitionsansatz stoße ich allerdings mehrfach – und zwar die Gleichsetzung von Erfolg mit dem Erreichen gesetzter Ziele. Merke: Ich bin also erfolgreich, wenn ich Ziele erreiche.

Aber sind das dann meine eigenen Ziele? Die der Gesellschaft? Oder vielleicht sogar finanzielle Maßstäbe, an denen sich Erfolg oder Misserfolg festmachen lassen?

Am konkreten Beispiel meines Jobs angewandt, könnte Erfolg also an der Leserzahl oder der Qualität des Contents gemessen werden – aber mal ganz ehrlich: Qualität ist leider nicht immer ein Maßstab für Erfolg und festgelegte Vergleichszahlen für einen erfolgreichen Blog gibt es auch nicht. Eine Sackgasse also. Ist Erfolg vielleicht dann an dem messbar, was am Ende des Monats bzw. Jahres auf meinem Konto steht? Oder reicht es schon, wenn ich Spaß an dem habe, was ich beruflich mache? Bin ich dann erfolgreich? Hallelujah – irgendwie komme ich der Antwort auf meine Frage nicht so recht näher.

Aber ist es überhaupt notwendig seinen Erfolg zu messen? Und will man das überhaupt?

Irgendwie Nein, irgendwie Ja. Ein großes Unternehmen muss das selbstverständlich – aber ich Mini-Unternehmen habe da natürlich keine Verpflichtungen meinen Aktionären gegenüber. Was mir seit meiner Selbstständigkeit allerdings immer wieder auffällt, ist der Fakt, dass andere dazu irgendwie eine Wertung von mir einfordern – und ich kann sie ihnen nicht geben. Ein konkretes Beispiel: Als ich in der vergangenen Woche auf den Pressdays unterwegs war und so einige Freunde und Kollegen traf, die ich zum Teil länger nicht gesehen habe, begannen viele der Unterhaltungen so: „Bei dir läufts aber super, oder?!“. „Harmlose Frage“, werdet Ihr jetzt denken – und da habt Ihr absolut recht. Schließlich ist diese fast schon rhetorische Small-Talk-Floskel durchweg nett gemeint und sollte mich eigentlich nur dazu ermuntern, „Ja, der Blog läuft mega.“ zu antworten. Stattdessen murmelte ich meist nur ein verwirrtes „Joa – ich denke schon!“ und ärgere mich im selben Moment über mein Zögern.

Natürlich finde ich es schön, dass die Fragesteller irgendwie davon ausgehen, dass es gut bei mir läuft, aber ich frage mich gleichzeitig auch, woran sie das festmachen. Finden sie gut, was ich mache? Sehen sie mich auf vielen Events rumhüpfen und gehen deshalb davon aus, dass ich automatisch viele Aufträge habe? Oder strahle ich einfach von einem Ohr zum anderen, sodass es ganz offensichtlich ist, dass es bei mir einfach gut laufen muss? Was ist denn hier der Gradmesser des Erfolgs? Vielleicht sollte man das Wort Erfolg auch einfach auf kleinere Teilbereiche herunterbrennen. Erfolgreich ja, aber inwiefern? Familiär erfolgreich? Ideell erfolgreich? Oder eben finanziell erfolgreich? Es gibt unzählige Bereiche, in denen wir Erfolge feiern können – wir müssen nur priorisieren. Und vielleicht ist man dann an einem Tag in dem einen Bereich erfolgreich und am nächsten im anderen. Wie ich es auch drehe oder wende, ich schaffe es einfach nicht, mich in die eine oder andere Schublade zu zwängen.

Schließlich hat alles immer zwei Seiten.

Es gibt Tage, an denen laufe ich mit vor Stolz geschwellter Brust durch die Gegend und finde es ziemlich gut, was ich in den letzten zwei Jahren erreicht habe. Dann möchte mir selbst auf die Schulter klopfen und bin fest davon überzeugt, dass ich das, was ich mache, verdammt gut mache – ich fühle mich zufrieden, stolz und ja – erfolgreich. Auf diese Erkenntnis aber, folgt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch wieder ein Tief. Eine Zeit, in der ich bestimmte Jobs nicht bekomme, mir keine Themen einfallen und meine Likes und Reichweite sinken. Dann möchte ich mich gerne unter der Decke verkriechen und nie wieder rauskommen. Weil ich denke, dass ich versagt habe.

Erfolg und Misserfolg stehen sich in der Selbstständigkeit so nah, dass ich es persönlich für unmöglich halte, mich dem einen oder anderen Team zuzuordnen. Was dabei allerdings auch immer zu bedenken ist, ist der Fakt, dass die Fallhöhe mit zunehmendem Erfolg natürlich automatisch größer wird. Sprich: Wenn es richtig gut läuft, kann man auch richtig tief fallen. Ich denke, dass die Nicht-Wertung der eigenen Leistung deshalb auch eine Art Selbstschutz ist. Wer sich nicht als „erfolgreich“ bezeichnet, muss dies später auch nicht widerrufen. Als ich Frollein Herr gestartet habe, habe ich mir keine Ziele gesetzt. Ich wusste einfach nicht, was ich erwarten sollte oder konnte, deshalb habe ich einfach gar nichts erwartet und somit war irgendwie alles ein Erfolg. Wenn ich mir jetzt also fixe Ziele für nächste Jahr setze und diese dann möglicherweise nicht erreiche, wäre das per definitionem ein Misserfolg.

Und dann? Aufhören? Weitermachen? Selbstkasteiung? Ist Erfolg denn überhaupt ein Gradmesser für das, was wir tun? Oder lediglich ein Garant zum Scheitern, weil man den eigenen Erfolg nie wirklich erkennen kann?

Fest steht auf jeden Fall, dass Erfolg durch seine vielfältigen Definitions- und Interpretationsmöglichkeiten ein sehr schwammiger Begriff ist. Für die einen ist es viel Geld, für die anderen genug Geld, für wieder andere ist der Erfolgsbegriff komplett von finanziellen Aspekten losgelöst. Ich denke, dass man hier vor allem innere und äußere Faktoren voneinander unterscheiden muss. Schließlich wissen wir alle, dass es viele scheinbar sehr erfolgreiche Menschen gibt, die trotzdem todunglücklich sind und wiederum sehr bescheiden lebende Menschen, die rundum zufrieden mit sich und der Welt sind. Erfolg ist also Definitionssache. Genau wie die Begriffe Liebe oder Glück, kann jeder dieses leere Wort mit Bedeutung füllen.

In meinen Augen ist Erfolg aber vor allem etwas, das wir anderen zugestehen. Wir sprechen von „erfolgreichen Menschen“ mit einer gewissen Distanz, mit einer Ehrfurcht, als seien sie eine eingeschworene Gemeinschaft, deren Aufnahmekriterien uns selbst nicht bekannt sind. Ich könnte Euch ad hoc zwanzig Kolleginnen nennen, die in meinen Augen wahnsinnig erfolgreich sind. Mich selbst aber bewerten? Das kann ich nicht.

Erfolg haben die anderen.

Und vielleicht ist das auch ganz gut so. Es bleibt schließlich jedem selbst überlassen, wie er dieses Wort oder diesen Zustand definieren möchte. Nicht jeder strebt nach den selben Zielen, hat die selben Wünsche oder Pläne für die Zukunft. Dennoch bleibt der Druck, den wir bei dem großen Wort mit E empfinden – da schließe ich mich mit ein. Wir wollen performen, überzeugen, Erwartungen erfüllen und irgendwie glauben wir, dass am Ende der Erfolgsstraße ein Topf voller Gold steht – oder voller Glück. Je nachdem, wie wir Erfolg eben definieren.

Und obwohl mich meine Recherche nach der Definition von Erfolg nicht unbedingt weitergebracht hat, ist eine Erkenntnis doch hängengeblieben – und zwar die scheinbar banalste von allen: Erfolg ist eine Treppe und keine Tür! Wieviele Stufen diese Treppe hat, ob sie steil nach oben führt, eher flache Stufen hat oder eine verwinkelte Wendeltreppe ist – das wissen wir am Fuß der Treppe zum Glück noch gar nicht. Es gibt keinen Lageplan, keine Tür mit blinkendem Leuchtschild, auf dem in großen Lettern steht „Hier lang zum Erfolg“. Alles was wir tun können, ist die ersten paar Stufen zu nehmen und zu schauen wo der Weg uns hinführt. Ob uns die anderen dann als erfolgreich bezeichnen oder nicht, liegt außerhalb unserer Macht. Wichtig ist nur, dass wir weitergehen!

Ob ich also nun erfolgreich darin war, meine Frage zum Sonntag zu beantworten oder ob diese gesamte Kolumne ein Zeichen meines Misserfolges ist – Keine Ahnung! Aber es hat Spaß gemacht mich diesen vielen Fragen zu stellen und auch mal ohne belegbares Ergebnis dazustehen. Nicht schlauer als vorher, aber um einige Fragen reicher. Zumindest also ein Teilerfolg, würde ich sagen!

 

2 Antworten zu “Meine Frage zum Sonntag: Was ist eigentlich Erfolg?”

  1. So ein auf den Punkt gebrachter Artikel. Danke liebe Karo!! Definitiv, Erfolg ist so individuell, aber Fakt ist, wir sollten viel öfter unseren eigenen Erfolg uns auch eingestehen und uns öfters auf die Schulter klopfen, so klein – so groß er auch sein mag, aber ein Erfolg ist ein Erfolg ist ein Erfolg. Und am Ende zählt vermutlich ja eh nur die Summe der „Treppen“ :). Happy Sunday.

    • Danke liebe Sophie! So verwirrt ich Bein Schreiben auch war, ein wenig mehr Klarheit in dieses große und verworrene Thema hab ich dann für mich selbst doch bringen können 🙂 also: ein Erfolg 😀 Happy Sunday xxx

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