Stoffwechsel die Zweite: Wie beeinflussen uns Hormone wirklich?

Ich bekomme auf meine Artikel oft die tollsten Reaktionen von Euch. Aber auf keinen Artikel gab es so viel Resonanz, Meinungen und Fragen wie auf den zum Thema Stoffwechsel.

Ich bekomme auf meine Artikel oft die tollsten Reaktionen von Euch. Aber auf keinen Artikel gab es so viel Resonanz, Meinungen und Fragen wie auf den zum Thema Stoffwechsel (hier). Viele von Euch konnten sich mit meiner plötzlichen Gewichtszunahme identifizieren und so manche hatte selbst schon einen langen Leidensweg mit ähnlichen Symptomen und eigenen Erfahrungen hinter sich. Was sich mit jeder weiteren Nachricht immer stärker herauskristallisierte war, dass es bei vielen von Euch an den Hormonen lag. Die eine hatte es schon vom Arzt bestätigt und Medikamente verschrieben bekommen, andere waren immer noch auf der Suche, welches Hormon genau denn jetzt aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Da sich an meinem derzeitigen Gewicht von alleine nichts verändert hat (oh Wunder) und es ganz im Gegenteil nur noch schlimmer zu werden scheint, habe ich mich noch einmal mit Dottore Thomas Michael Platzer getroffen, der mir auch bei meinem Artikel zum Stoffwechsel mit seinem Fachwissen zur Seite stand. Er ist Allgemeinmediziner und Fachmann für Endikronologie und Ernährungsmedizin und außerdem im wissenschaftlichen Beirat der GSAAM (German Society of Prävention and Anti-Aging Medicine e.V.). Ein echter Experte für meine offenen Fragen also.

Bei mir stehen jetzt diverse Bluttests auf dem Plan, um mit dem Dottore gemeinsam hinter das Geheimnis „Wo kommen Karos zusätzliche 10 Kilo her?“ zu kommen.

Bei mir stehen jetzt diverse Bluttests auf dem Plan, um mit dem Dottore gemeinsam hinter das Geheimnis „Wo kommen Karos zusätzliche 10 Kilo her?“ zu kommen. Ein möglicher Grund sind auch in meinem Fall die Hormone. Aber bevor die Ergebnisse meiner Tests vorliegen und ich hoffentlich in dieser Hinsicht ein wenig schlauer werde, habe ich mir den Dottore gleich geschnappt um ihm all Eure und auch meine Fragen zum Thema Hormone und deren Einfluss auf den weiblichen Körper zu stellen. Und auch wenn die Thematik sehr individuell zu betrachten ist und jeder von Euch ein ganz eigenes Hormon-Zusammenspiel hat, gibt es ein paar grundlegende Fragen, die viele von Euch interessieren könnten. Los gehts…

Frollein Herr: Was sind eigentlich Hormone?

Dott. Thomas Michael Platzer: „Bei Hormonen handelt es sich um Botenstoffe, mit denen sich insbesondere das Fachgebiet der Endokrinologie beschäftigt. Der Name „Hormone“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet nichts anderes, als „antreiben“,  oder „anregen“. Es gibt Sexualhormone, Wachstumshormone, Stresshormone, Überlebenshormone, Fettmast-Hormone, Schlafhormone, Glückshormone und viele mehr.“

F.H.: Und was genau machen sie?

T.M.P.: „Wenn wir Hormone als Botenstoffe bezeichnen, dann ist der „Postweg“ die Blutbahn. Durch unser Gehirn, das vom Körperkreislauf durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke abgetrennt ist, kreisen aber zum Teil auch andere Botenstoffe. Diese nennen wir dann Neurotransmitter. Ein kleines Beispiel: Der Sommer beginnt, wir treten zufällig barfuß in eine Glasscherbe oder auf einen Nagel. Über den Expressweg wird im Gehirn über die Nervenleitung sehr rasch signalisiert, dass genau jetzt enorme Gefahr besteht! Reflexartig ziehen wir den Fuß zurück und bringen ihn in Sicherheit. Erst im Moment darauf werden wir vor Schreck auch ziemlich blass. Da sind dann schon die Stress-Hormone im Spiel. Die Gefäße in unserem Gesicht ziehen sich zusammen, das Herz schlägt schneller. Der Grund? Das Gehirn muss jetzt mit mehr Sauerstoff durch das Blut versorgt werden, denn es muss entscheiden, wie wir aus dieser prekären Situation wieder herauskommen. Hormone sind also Botschafter im Stoffwechsel.“

F.H.: Welche sind denn die wichtigsten Hormone, die wir unbedingt kennen müssen und was machen sie genau?

T.M.P.: „Vereinfacht ließe sich sagen, dass immer jene Hormone am wichtigsten sind, welche uns am meisten fehlen, oder von denen wir mehr als genug haben. Bei einem Kind mit angeborener Diabetes wäre dies das Hormon Insulin, welches seine Bauchspeicheldrüse nicht produziert. Ob Stresshormon Cortison, Adrenalin, Fettmast-Hormon Insulin, DHEA als Longevity-Hormon (und Mutterhormon der Sexualhormone), das Vitalhormon D3, das Glückshormon Serotonin, das Schlafhormon Melatonin, Wachstumshormone oder die Schilddrüsenhormone – jeder hat von einigen hier in seinem Leben schon einmal etwas gehört oder ist sogar selber mit jenem betroffen, was oben stand: Zu wenig oder zu viel.“

F.H.: Wie kommt es denn zu so einer Überproduktion eines gewissen Hormons?

T.M.P.: „Die Überproduktion von einzelnen Hormonen hängt sehr viel mit dem Individuum selber zusammen. Hochaktive Eierstöcke, manchmal bei gleichzeitig unterdrückter Produktion der anderen Geschlechtshormone, die für ein Gleichgewicht sorgen würden oder Schilddrüsenprobleme – all das kann zu einer Dominanz bei den Östrogenen führen, wie auch enormer Stress, ein Lebensstil auf der Überholspur, massenhaft Stresshormone wie Cortison und Adrenalin in die Blutbahn jagen. Eine Anpassung und Ausgeglichenheit des Lebensstils können hier schon deutliche Besserung bringen. Regelmäßig Bewegung, ausgewogene Ernährung, viel frische Luft, ausgewogener Schlaf können diese Dominanz ein wenig einbremsen.“

F.H.: Was genau haben Hormone mit unserem Gewicht und dem Zustand unserer Haut zu tun?

T.M.P.: „Mit unserem Gewicht haben Hormone einiges zu tun. Ist beispielsweise das Niveau des Glückshormons Serotonin niedrig, steigt die Lust auf Kohlenhydrate. Das wiederum lässt den Insulin-Spiegel nach oben schießen, führt mittel- bis langfristig zu einer Resistenz gegen dieses Hormon, was dann zunehmend mehr vor allem die Fettzellen mit dem Zucker und den Fetten selber vergrößert. Auch wird über diese Achse vermehrt Wasser im Körper gespeichert, eingelagert. Wir schwemmen buchstäblich auf. Und auf die Haut haben die unterschiedlichsten Hormone einen Einfluss. Bleiben wir zunächst beim Insulin: Das fördert zusammen mit dem Wachstumshormon IGF-1 (welches wir beispielsweise mit der Milch reichlich zuführen) die Akne. Auch die Geschlechtshormone wirken sich auf die Haut und auf die Haare aus. Zu viel Testosteron fördert die Glatzenbildung und wiederum die Akne. Das Nachlassen der Produktion der weiblichen Haupthormone, vor allem in der Menopause, kann von fahler, ausgedünnter Haut bis hin zu Schuppenflechte führen.“

F.H.: In meinem konkreten Fall der plötzlichen und starken Gewichtszunahme, sind wir im persönlichen Gespräch darauf gekommen, dass es sich um eine Insulinresistenz handeln könnte. Was genau ist das?

T.M.P.: „Insulinresistenz bedeutet, dass vor allem die für die Leber- und Muskelzellen dem Hormon aus dem Pancreas gegenüber „abstumpfen“, also resistent werden. Der Insulinwert steigt immer dann, wenn bestimmte Nahrungskombinationen, aber auch leicht verdauliche Kohlenhydrate aus dem Verdauungstrakt im Blut anfluten. Verschiedene Mechanismen sorgen zudem dafür, dass auf zellulärer Ebene die Empfindlichkeit für Insulin sinkt. Diese Insulin-Resistenz begünstigt zunächst einmal die Zunahme von Speicherfett (die Ortsabhängigkeit der Körperregionen, in denen eingelagert wird, steht in engem Zusammenhang mit den Geschlechtshormonen und deren Verteilung im Verhältnis zueinander), langfristig aber auch weitere Parameter des metabolischen Syndroms.“

F.H.: Und wie kann das getestet werden?

T.M.P.: „Die Bestimmung des Insulin-Spiegels als Indikator der Insulinresistenz kann durch den aus Nüchtern-Insulin und Nüchternblutzucker errechneten HOMA-IR Index aufgezeigt werden. Ich empfehle daher meist die Durchführung eines oralen Glucosetoleranztestes mit Bestimmung von Insulin. Die überschüssige Insulinausschüttung passt oft in das Bild einer schweren Müdigkeit nach dem Essen, des Energieverlustes am Nachmittag, der Kaltschweißigkeit, der Gewichtszunahme, der durch das Ferritin II angedeuteten Mikroentzündlichkeit der Leberzellen (wegweisend für eine sich bahnende NASH = nicht-alkoholische steatosis hepatis mit vermehrter Fetteinlagerung).“

F.H.: Was genau passiert denn hormonell genau bei Frauen zwischen 20 und 40?

T.M.P.: „Ab dem 30. Lebensjahr lässt bei der Frau und auch beim Mann die Hormonproduktion allmählich wieder nach. Hinzu kommen: Stress, Beruf, Familie, Sorgen, kranke Eltern oder auch Schwangerschaften, die ohnehin eine Achterbahnfahrt an Hormonschwankungen mit sich bringen. Auch der monatliche Zyklus tut dies, aber in kleinerem Umfang. Wie das Spiel der Hormone dann bei jeder einzelnen Frau genau wirkt, lässt sich fast gar nicht verallgemeinern. Jede Konstellation ist möglich. Die Einnahme der Pille? Schilddrüsenfunktionsprobleme? Schlaflosigkeit? Alkohol und Nikotin? Grundsätzlich gilt, dass einige Glück haben und gar nichts Auffallendes passiert, bei anderen gibt es enorme Schwankungen. Hier muss man dann genauer hinschauen.“

F.H.: Stichwort: Anti-Baby-Pille. Viele Frauen in meinem Alter haben früh mit der hormonellen Verhütung begonnen und unterschätzen den massiven Eingriff in den Hormonhaushalt. Woran merke ich, dass ich meine Pille eventuell nicht vertrage?

T.M.P.: „Manchmal nimmt man die Pille nicht nur zur reinen Verhütung, sondern weil sie einem hilft, das Hautbild bei beginnender Akne deutlich zu verbessern. Das kann auf der einen Seite also ziemlich gut gehen. Auf der anderen Seite täuscht die Pille dem weiblichen Körper eine Schwangerschaft vor und stellt die Eierstöcke ruhig. Die nun im Blut vorhandene Menge des weiblichen Haupthormons Östrogen kann den vormaligen Schutz der Haut durch das bis dato selber gebildete Hormon, aber auch empfindlich durcheinanderbringen und jetzt erst für Hautprobleme sagen. Überdies steuern weibliche Hormone natürlich auch die Gewichtseinlagerung an den typisch weiblichen Stellen, den Hüften, dem Gesäß, den Oberschenkeln (femoro-gluteales Speicherfett), um eine Schwangerschaft mit genug Energie im Tank abzusichern.“

F.H.: Zu welchem Arzt gehe ich damit?

T.M.P.: „Der Frauenarzt, der Allgemeinarzt und der Endokrinologe können hier sicherlich hilfreich sein. Der Hausarzt muss sich allerdings schon auch mit der Thematik regelmäßig befassen.“

F.H.: Die Crux an der Sache ist ja, dass viele gerne auf die hormonelle Verhütung verzichten würden, es aber keine vergleichbare Verhütungsmethode gibt.

T.M.P.: Mit diesem Thema befasst sich die Menschheit schon lange. Denn nicht immer war eine Schwangerschaft gewünscht oder gewollt. Das mit der Pille für den Mann hat sich bis heute noch nicht so richtig durchgesetzt. Nicht in jedem europäischen Land ist die Sterilisierung des Mannes überhaupt gesetzlich zulässig.“

F.H.: Was kann ich tun, wenn meine Hormone aus dem Gleichgewicht geraten sind?

T.M.P.: „Was jeder Betroffene als erstes tun kann, wenn er das Gefühl hat, die Hormone seien aus dem Gleichgewicht, ist schriftlich festzuhalten, was sich genau verändert hat. Vergleiche zu ziehen zur Woche davor, zum Monat davor, zum Jahr davor. Festzuhalten, ob sich in der Lebenssituation etwas geändert hat, ob es Stress gab, ob es einen Wohnungs –, Partner – oder Jobwechsel gab. Im kassenärztlichen Bereich bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als den Hausarzt darauf anzusprechen. Einige Tests im Blut kann auch er vornehmen, dann muss er aber entscheiden, ob er zu einem spezialisierten Arzt (dem Endokrinologen) überweisen will.“

Fazit

Wow, so viele Informationen und vor allem so viele Möglichkeiten, auf welche Art der Hormonspiegel denn jetzt aus dem Gleichgewicht geraten sein könnte. Ob es nun schlechte Haut, Haarausfall oder wie bei mir, die plötzliche Gewichtszunahme ist: Es lohnt sich definitiv den eigenen Hormonhaushalt mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Besonders den Tipp mit dem schriftlichen Festhalten der eigen Beobachtungen über körperliche Veränderungen, finde ich sehr sinnvoll und das werde ich ab jetzt auch definitiv tun.

Der Körper ist so ein Wunderwerk und besteht aus unzähligen kleinen Rädchen, die ineinandergreifen. Und das bei jedem Menschen auf eine ganz eigene, hochkomplexe Art und Weise. Trotzdem hoffe ich, mit ein bisschen mehr Aufmerksamkeit meinem eigenen Körper gegenüber, in Verbindung mit den anstehenden Bluttests, meine ominöse Gewichtszunahme ein bisschen besser verstehen zu können. Und ich hoffe auch, dass für Euch unter all diesen Informationen, die ein oder andere dabei war, die Euch weiterhilft. Vielleicht findet Ihr Euch ja in den Worten des Experten wieder und fangt auch an, Euch ab jetzt ein wenig intensiver selbst zu beobachten. Ich freue mich wie immer sehr auf Euer Feedback und bin mir sicher, dass dieser Artikel nicht der letzte zu dieser Thematik war.

Ich freue mich wie immer sehr auf Euer Feedback und bin mir sicher, dass dieser Artikel nicht der letzte zu dieser Thematik war.

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9 Antworten zu “Stoffwechsel die Zweite: Wie beeinflussen uns Hormone wirklich?”

  1. Hi, toller Artikel, sehr interessant , hört sich für mich so an, als ob ich auch betroffen bin. Gewichtszunahme, Haarausfall – passt .
    Ich werde es auf jeden Fall abklären lassen. Danke dafür. Nimmst du jetzt eigentlich Medikamente deswegen?
    Liebe Grüße, Mari

    • Hallo liebe Mari, oh ich bin gespannt ob es bei dir wirklich die Hormone waren. Ich freu mich über dein Feedback! Liebst, Karo

  2. Hoch interessanter und spannender Artikel ! Gern mehr über diese Thematik ??
    Ich habe auch genau diese Probleme – vor allem der Zwiespalt bezüglich hormoneller Verhütung etc.. und auch Ernährung usw.

    • Das kann ich gut verstehen! Ist ein mega wichtiges Thema für uns Frauen. Sobald es neue Aspekte gibt, werd ich dazu sicher nochmal was machen 😉
      Liebst, Karo

  3. Ich bin zufällig auf diesen Artikel gestoßen, und das als Mann *schmunzelt*, da bei mir plötzlich genau gleiche Bilder aufgetreten sind.
    Immer essen was man wollte, schlank, egal ob welcher Lebenslage, Anfang dreißig.
    Und schwuppdiwupp, 6 Kilo mehr in nicht einmal einem Jahr? Hoppla! Das gabs ja noch nie, was denn hier passiert.
    Wie du auch schilderst, als jemand der nie damit konfrontiert war, ist dass dann durchaus wenig „besorgniserregend“. (Klar ist man noch ein gutes Stück entfernt dick zu sein, dennoch macht es einen stutzig. Und wo es eben enden soll, richtig? Da kommen dann die verrücktesten Gedanken zustande.)

    Da wir zum Glück analytisch veranlagt bin geht man dann natürlich einmal her und guckt was passiert ist, sucht sich Rat, dröselt alles auf und schmeißt sich in die Thematik. (Ohnehin schon schwer genug heutzutage hier den RICHTIGEN Rat für sich zu finden oder eine kompetente Person.)

    Und auch wenn ich ein Mann bin sind wir von den Hormonen und unvorhergesehen Änderungen nicht außen vor. Deshalb ist der Artikel für beide Seiten interessant.
    Schöner Artikel und sehr informativ. 🙂

    • Lieber Mark, ich freue mich sehr über einen (zur Abwechslung) mal männlichen Kommentar 😉 Klar, auch Ihr habt mit hormonellen Veränderungen zu tun – wenn auch mit anderen als wir Frauen. Ich hoffe sehr, dass du einen guten Ratgeber findest, denn das ist in der Tat schwer und man bekommt so viele unqualifizierte Meinungen, die einen meist nicht wirklich weiterbringen. Dabei kennen wir unseren Körper doch am besten!
      Viele Grüße, Karo

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