„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Künstlerin Ju Schnee

In meinem Job-Talk habe ich euch schon viele Frauen vorgestellt, die ihre Kunst zum Beruf gemacht haben: Fotografinnen, Autorinnen oder Kunsthandwerkerinnen – aber eine bildende Künstlerin war noch nie dabei. Bis heute! Denn die Frau, die heute meine Fragen rund um Karriere, Leidenschaft und daily struggles beantwortet, ist Ju Schnee, eine Künstlerin, die ihr definitiv auf dem Schirm haben solltet.

Ihr Markenzeichen: Bunte Farben, abstrakte Formen und der Mix aus verschiedenen Medien. Sie erschafft Skulpturen, malt, illustriert und verbindet digitale Installationen mit haptischer Kunst. Bei den Designs der gebürtigen Österreicherin trifft Memphis auf Bauhaus und eine ihrer jüngsten Kooperationen war die Design-Kollab mit Motel a Miio, die mich binnen Sekunden in Schnappatmung versetzt hat. Lustigerweise haben Ju und ich vor einer gefühlten Ewigkeit zur selben Zeit unsere Praktika bei ELLE gemacht. Ich in der Beauty, Ju in der Grafik. Ich feiere Ju für ihre einzigartige Formensprache, ihren Mut zur Farbe, ihren Ehrgeiz und die vielen tollen Projekte, die sie bisher umsetzen konnte und bin gespannt, was sie in der Zukunft noch so alles auf die Beine stellen wird. Falls auch ihr euch augenblicklich in Ju’s Designs verliebt habt, schaut unbedingt mal auf ihrer Website oder ihrem Instagramaccount vorbei, aber jetzt gehts erstmal an meine Fragen. Was macht eine Künstlerin so? Und wie wird man überhaupt eine? Das und mehr gibts jetzt in meinem Job Talk…

Foto: Fizzy Magazine

Wie genau lautet deine Jobbezeichnung bzw. dein Titel?

Ich bin Künstlerin und mein akademischer Titel ist M.A. Mein Studio ist in Berlin Mitte und dort arbeite ich an Malereien, Skulpturen und digitaler Kunst.

Foto: Fizzy Magazine

Und wie bist du geworden was du jetzt bist?

Ich habe Informationsdesign (BA) und Kommunikationsdesign (MA) in Graz/Österreich studiert. Schon währenddessen habe ich mich als Grafikdesignerin und später als Illustratorin selbständig gemacht. Ich habe diverse Praktika in Agenturen und Magazinen gemacht, war aber ansonsten noch nie fest angestellt. Als ich 2017 nach Berlin kam, wollte ich nur noch meinen eigenen Stil voranbringen und mir einen Namen machen. Seit 2019 habe ich mein eigenes Studio und seitdem konzentriere ich mich nur noch auf meine Kunst.

Wusstest du immer schon, dass du das beruflich machen möchtest?

Ich wollte tatsächlich immer schon Künstlerin werden.
Je älter und „vernünftiger“ ich wurde, desto weniger habe ich mich allerdings getraut zu 100% Künstlerin zu sein. Deshalb habe ich den für mich sicheren Weg genommen und Design studiert. Doch nur mit Design wurde ich nicht glücklich. Jetzt bin ich endlich da, wo ich eigentlich immer sein wollte, auch wenn es ein paar kleine Stolpersteine gab.

Und wie können wir uns deinen Arbeitstag vorstellen?

Ein guter, kreativer Arbeitstag besteht darin, dass ich ins Studio komme, mir einen Kaffee mache, eine Serie anmache und den ganzen Tag nur male. 
Meistens ist es aber so, dass ich erst mal zwei Stunden Emails beantworten und Rechnungen bezahlen muss. Danach muss ich mich um Online-Shop-Bestellungen kümmern und Pakete durch halb Berlin schleppen. Sollte es dann noch nicht zu dunkel sein (im Berliner Winter wird es ja schon ab ca. 13h gefühlt finster), kann ich mich noch an meine Leinwand setzen. 
Ansonsten arbeite ich an aktuellen Projekten oder freien Arbeiten, so lange ich Lust habe.

Foto: Sandro Jäger

Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?

Von dem, was ich mache auch ordentlich leben zu können. Es reicht ja nicht nur Kunst zu erschaffen, die den Leuten gefällt oder sie zumindest anspricht. Man muss ja mittlerweile auch PR Managerin, Content Creator, Steuerberater und Psychologe zugleich sein. So kommt es zumindest mir vor. Am liebsten würde ich den ganzen Tag nur Kunst erschaffen und mich um nichts anderes mehr kümmern. Aber in Wahrheit ist es ganz anders.


Ich glaube es gibt so viele KünstlerInnen, die am Existenzminimum leben, nur um ihren Traum zu verwirklichen. Der Weg ist hart und es gibt viele einfachere und bequemere Wege, um erfolgreich zu werden.
Aber mein Traum ist es, nur noch Kunst zu machen und deshalb muss ich auch durch Höhen und Tiefen gehen. Ich muss viel kreieren, um auch Geld zu verdienen. Ich muss am Ball bleiben und mich immer wieder neu erfinden. Ich muss wie eine Geschäftsfrau denken und meine Kunst richtig vermarkten. Ich muss bei dem ganzen Wahnsinn gesund bleiben und auf mich achten. Das sind meine größten Herausforderungen.

Foto: Fizzy Magazine

Wie hältst du es mit Performancedruck oder Selbstzweifeln?

Mal so mal so. Ich bin eine sehr selbstbewusste Person und weiß, was ich kann. Ich weiß, dass meine Kunst gut und einzigartig ist. Und nein – Eigenlob stinkt nicht 😉
Nur wenn man selbst von seiner Arbeit überzeugt ist und ein Fan davon ist, kann sie auch gut sein. Wenn du selbst von deiner Arbeit nicht überzeugt bist – wen willst du dann überzeugen?
So denke ich zu 80%. Die restlichen 20% zweifeln manchmal, wenn ich andere KünstlerInnen sehe, die an mir vorbei ziehen. Die schneller zum Erfolg kommen, früher als ich mit namhaften Galerien zusammenarbeiten oder erfolgreiche Kooperationen eingehen, von denen ich träume.
Aber auch hier bin ich wieder selbst für mein eigenes Glück und meinen eigenen Erfolg verantwortlich. Die Zweifel bremsen einen nur aus. 

Foto: Svenja Trierscheid

Was würdest du jungen Mädchen raten, die diesen beruflichen Weg einschlagen möchten?

Mutig zu sein.
Schon sehr viele Mädchen und Frauen haben mir diese Frage gestellt, nachdem sie sich einfach immer noch nicht getraut haben, ihren Weg zu gehen. Und genau darum geht es: sich trauen. Man muss mutig und furchtlos sein. Man muss Kritik und Rückschläge einstecken können, um nach vorne zu schauen.
Aber wenn man etwas wirklich will und vor allem auch Spaß daran hat, dann gibt es keinen Plan B. Dann heißt es das oder nichts anderes. Volle Energie auf das Ziel legen und nicht zu sehr nach links und rechts schauen.

Ju Schnee fürs Williamsburg Hotel in New York City

Welche 3 Eigenschaften sind deiner Meinung nach unerlässlich für deinen Job?

Kreativität, Zielstrebigkeit, Leidenschaft.

Der beste Karrieretipp, den du je erhalten hast?

Find your USP.

Wenn es nichts gibt, was dich einzigartig macht und dich von anderen unterscheidet, dann gibt es auch keinen Grund, genau dich und dein Produkt zu kaufen. In der Kunst heißt das für mich: Finde deinen Stil, finde deine Sprache und mach sie zu deinem eigenen.

Ju Schnee für den Motel a Miio Store in Nürnberg

Was wärst du wohl geworden, wenn du nicht diesen Weg eingeschlagen hättest?

Ballet-Tänzerin oder Yoga-Lehrerin.
Als Yoga-Lehrerin habe ich während meines Master-Studiums gearbeitet und nach wie vor habe ich große Lust dazu. Ich liebe die Bewegung und den Tanz. Davor habe ich ca. 15 Jahre Ballett getanzt und es war mein Leben.
Aber ich musste lernen, dass ich nur dann wirklich top in einer Sache bin, wenn ich mich 100% auf sie konzentriere. Deshalb konzentriere ich mich nun 100% auf meine Kunst, sehe mir Ballett nur noch im Theater an und praktiziere Yoga nur noch als Schülerin.

Was sind deine Pläne/Wünsche für die Zukunft?

Ich wünsche mir voll und ganz in meiner Kunst aufzugehen und eine eigene Sprache zu entwickeln. Daraus resultierende Ausstellungen und Projekte im öffentlichen Raum. Am liebsten hätte ich, dass meine Formen überall auf der Welt verteilt zum Einsatz kommen. Als riesige Skulpturen auf öffentlichen Plätzen, als VR oder AR Animationen oder ganz intim in Galerien.
Ist das zu viel geträumt? 😀

2 Antworten zu “„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Künstlerin Ju Schnee”

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