„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Stylistin Nora Sayuri Nüssner

Job-Talk mit Nora Nüssner

Was genau macht eigentlich eine Stylistin?

Falls Ihr Euch das auch schon immer gefragt habt, dann seid Ihr bei meiner heutigen Ausgabe von „Und was machst du so?“ genau richtig. Um ein wenig Lichts ins Dunkle zu bringen, habe ich mir Nora Sayuri Nüssner, freiberufliche Stylistin, Modedesignerin und Kostümbildnerin geschnappt und ihr meine Fragen zum Thema Job, Arbeitsalltag, Berufseinstieg & Co. gestellt. Und dafür hätte ich kaum jemand Besseren finden können!

Denn: Nora arbeitet seit inzwischen fast 20 (!) Jahren erfolgreich für namhafte Publikationen (z.B. L’Officiel), Brands (z.B. ZOEVA), TV-Produktionen (z.B. Germany’s Next Topmodel) oder stattet Schauspieler und Moderatoren aus. Persönlich getroffen haben Nora und ich uns leider noch nicht, aber was Mode angeht, sind wir komplett auf einer Wellenlänge – und deshalb freue ich mich wahnsinnig, dass ich sie für meine Rubrik gewinnen konnte!

Also: Was macht denn nun eine Stylistin so?


Job-Talk mit Nora Nüssner
Nora Nüssner (Fotograf: Per Florian Appelgren)

Wie genau lautet deine Jobbezeichnung bzw. dein Titel?

Ich bin Modedesignerin, Stylistin und Kostümbildnerin.

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Und wie bist du geworden was du jetzt bist?

Nach dem französischen Abitur absolvierte ich mehrere Praktika, unter anderem bei einer Couture Schneiderin, sowie wie bei einem Modefotografen. Mein Studium an der Kunstakademie Maastricht schloss ich 4 Jahre später als Diplom.Modedesignerin ab. Nach dem Studium sammelte ich diverse Auslandserfahrungen im Bereich Modedesign. Ich arbeitete z.B. in Paris arbeitete für die Designerin Corinne Cobson oder in Sydney (Australien) für das Label Seduce.

Als ich mein erstes Praktikum im Bereich Film in Köln absolvierte, wusste ich, dass ich der Modebranche für einige Zeit den Rücken kehren wollte. Mir gefiel der unprätentiöse und „rock’n rollige“ Lifestyle der Filmbranche. Sehr schnell aber merkte ich, dass ich die Mode sowie den Film liebe und bis heute gelingt es mir sehr gut, beides zu vereinen. Mein Herz wird aber immer der Mode gehören!


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Editorial für das Mojeh Magazine (Fotografin: Debora Brune)

Wusstest du immer schon, dass du das beruflich machen möchtest?

Ja tatsächlich! Schon mit sieben Jahren zeichnete ich Figurinen und skizzierte Mannequins, nähte aus Nylonstrumpfhosen paillettenbesetzte Schlangen. Meine Mutter hatte diverse Modezeitschriften im Abo, unter anderem die Vogue, mit der ich aufgewachsen bin. So gab es für mich nichts Schöneres, als diese jeden Monat durchzublättern und mir die neusten Trends anzuschauen. Ich kannte jeden Designer, jede Kollektion, jedes Model. Mode hatte schon damals einen unheimlich großen Stellenwert in meinem Leben. Sicher hatte auch meine Mutter einen großen Einfluss auf meine Entwicklung. Sie war und ist eine sehr mondäne und schöne Frau, ihrer Zeit immer voraus und einfach anders als die anderen Mütter! So nahm sie mich als Kunstlehrerin zu den neusten Ausstellungen mit, malte und las viel mit mir und hat so mein kulturelles Bewusstsein sehr geprägt.

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Editorial für L’Officiel (Fotograf: Per Florian Appelgren)
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Editorial für L’Officiel (Fotograf: Per Florian Appelgren)

Und wie können wir uns deinen Arbeitstag vorstellen?

Den klassischen Arbeitsalltag gibt es bei mir nicht. Zu groß ist die Vielfalt und sind die Unterschiede in meinem Beruf. Ich arbeite ja nicht nur als Stylistin für TV, Werbung und Editorials, sowie als Kostümbildnerin für diverse Filme („Der Vorname“), sondern entwerfe auch Kleider für Moderatoren und Künstler, wie z.B. Carolin Kebekus. Viele Jahre war ich zudem zuständig für die Shootings von Germany’s next Topmodel und habe Kleider für das Finale entworfen.

Ebenso ist meine Arbeit mit sehr vielen Reisen verbunden, was ich unheimlich liebe. Ein Privileg dieses Jobs ist es, andere Kulturen und Länder kennenlernen zu dürfen. Es gibt keinen Kontinent, den ich aufgrund meiner Arbeit noch nicht bereist habe und dafür bin ich sehr dankbar.

Ein durchschnittlicher Arbeitstag in Köln beginnt mit 2-3 Stunden Home Office. Ich beantworte E-Mails, gestalte Moodboards, schreibe Agenturen an, lese Konzepte und Drehbücher. Für viele Moderatoren bestelle ich fast ausschließlich online, da ich im High Fashion Segment im Raum Köln/Düsseldorf nicht immer fündig werde. Falls der Kunde Entwürfe wünscht, skizziere ich diese und fahre dann zu meiner Anfertigungsmeisterin um diese zu besprechen. Um die entsprechenden Stoffe zu finden fliege ich auch schon mal nach London oder Paris.  Es folgen mehrere Fittings, wobei der Kunde immer anwesend ist. Das kann der Sender sein, die Agentur des Künstlers oder die Produktionsfirma.

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Nora bei der Arbeit (Foto: Taii Schmoll)

Bereite ich eine Werbung vor, liegt der Schwerpunkt eher auf dem Kauf oder Leih von Kostümen. Da heißt es dann shoppen, Samples bestellen, in den Fundus fahren – wichtig  ist, eine ausreichende Auswahl an Outfits vor Ort zu haben, da die Fittings häufig vor dem Dreh/Shooting stattfinden. Nach dem Shooting folgt dann die Nachbereitung, das bedeutet Pakete retournieren, unbenutzte Kleidung umtauschen, Rechnungen schreiben usw. Die Vorbereitung eines Films kann man sich als eine Mischung aus allem vorstellen, nur dass diese sich über Wochen streckt. Es werden Moodboards präsentiert, Sponsoren gesucht, Kostüme angefertigt, geliehen und gekauft. Hier liegt aber auf dem einzelnen Kostüm ein viel größeres Augenmerk und der Anspruch ist ein anderer. Man kleidet Schauspieler ein, die sich mit Hilfe des Kostüms mit der Rolle identifizieren möchten, der Schauspieler hat daher auch ein großes Mitspracherecht. Für den Drehzeitraum, der bei einem Film bei ca. 4 Wochen liegt, wird das Büro samt Kostümen in ein sogenanntes Garderobenmobil geladen. Mit diesem Mobil „tourt“ man dann quasi von einem Drehort zum nächsten.

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Moodboard by Nora Nüssner

Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?

Die größte Herausforderung in meinem Job sind defintiv die unregel- mäßigen Arbeitszeiten. Und damit meine ich nicht lange Arbeitszeiten! Es gibt Wochen, in denen ich von mehreren Kunden gleichzeitig gebucht bin  und dann wieder Zeiten, in denen ich weniger arbeite. Hier gilt es trotzdem nicht stehenzubleiben, sich weiterzuentwickeln und das für unseren Job unerlässliche Networking zu betreiben.

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Entwurf für das Finale von Germany’s Next Topmodel (Foto: Mitja Arzensek)

Wie hältst du es mit Performancedruck oder Selbstzweifeln?

Ich bin Gott Sei Dank, was meine Arbeit betrifft, mit einem guten Selbstbewusstsein ausgestattet. Das sah kurz nach dem Studium natürlich etwas anders aus, da musste ich mich auch erstmal behaupten und meinen Weg finden. Heute weiß ich aber was ich kann und wo ich stehe und schaue nicht nach rechts und links. Allerdings finde ich, dass der Druck durch Social Media wie Instagram und Co. wesentlich gewachsen und geradezu ein Nährboden für Selbstzweifel ist. Solange man es aber schafft, Instagram richtig für sich zu nutzen und bei sich zu bleiben, sehe ich Social Media als eine Bereicherung.

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Entwurf für Moderatorin Marlene Lufen (Fotograf: Per Florian Appelgren)

Was würdest du jungen Mädchen raten, die diesen beruflichen Weg einschlagen möchten?

Sehr wichtig finde ich eine fundierte Ausbildung/Studium, auch wenn heutzutage viele ihren Einstieg quer finden. Das Handwerk zu beherrschen (Schneiderausbildung, Modedesignstudium, Kostümbildstudium, Ausbildung am Theater oder an der Oper usw.) ist ein absolutes MUST! Vor allem im Bereich Kostümbild ist dies eine Voraussetzung – hier kommt man ohne Studium oder Ausbildung nicht weit, da der Anspruch einfach ein anderer ist.

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Editorial für Le Mile Magazine (Fotografin: Charlotte Schreiber)

Welche 3 Eigenschaften sind deiner Meinung nach unerlässlich für deinen Job?

Kreativität, Flexibilität, Leidenschaft.

Der beste Karrieretipp, den du je erhalten hast?

Den besten Tipp habe ich vor Jahren von einem Fotografen erhalten: Bleibe deinem Stil treu, lass dich nicht beeinflussen. Nur wenn du du selbst bist, kannst du erfolgreich sein.

Was wärst du wohl geworden, wenn du nicht diesen Weg eingeschlagen hättest?

Interiordesignerin.

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Editorial für das Mojeh Magazine (Fotografin: Debora Brune)

Was sind deine Pläne/Wünsche für die Zukunft?

Mit meinem in London lebenden Geschäftspartner Ruby und unserem Label Atelier Hernandez weiterhin spannende Projekte im Bereich Produkt- und Interiordesign, zu realisieren. 

 

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