„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Shop Besitzerin Katharina Meerkamp

Seinen eigenen Shop haben und ihn mit den Mode- und Interior-Pieces bestücken, die man selbst liebt. Klingt nach Traumjob oder? Ich wette viele von uns hatten diesen Gedanken schon mal – einfach umsatteln und einen Laden aufmachen. Aber was steckt da eigentlich an Arbeit dahinter? Was muss man mitbringen, damit der Laden auch läuft? Und wie übersetzt man den stationären Handel eigentlich digital? All das beantwortet uns heute Katharina Meerkamp, Besitzerin des aest. concept stores in Düsseldorf. Die ist nämlich nicht nur eine unfassbar sympathische und authentische Person (also die perfekte Gesprächspartnerin), sondern führt ihren Laden auch mit so sagenhaft viel Herzblut, Trendgespür und dem nötigen Ehrgeiz, nicht nur den Kunden vor Ort, sondern auch Mode- und Interior-Fans im Netz, ein ganz besonderes Shoppingerlebnis zu ermöglichen. Auf ihrem Instagramkanal zeigt sie regelmäßig die Neuzugänge im Laden, probiert und kombiniert die Looks selbst an und hat für jede Kundenfrage ein offenes Ohr.

Genau so bin ich nämlich auch in ihrem kleinen Kosmos aus Design-Brands wie &Klevering, Cecilie Copenhagen, Lex Pott oder Résumé gelandet! Katharina beweist Geschmack in der Auswahl ihres Sortiments und schafft es via Instagram und Onlineshop auch Nicht-Düsseldorfer (wie mich) als Stammkunden für ihren Concept Store zu gewinnen. Gerade jetzt, in Zeiten der Pandemie, wo Shoppen zum Regelrechen Spießrutenlauf geworden ist, möchte ich euch Katharina, ihre Karriere und ihren tollen, tollen Shop unbedingt vorstellen…

Wie genau lautet deine Jobbezeichnung bzw. dein Titel?

Seit Ende 2018 lautet meine Jobbezeichnung: Shop Owner des aest. concept stores!

Und wie bist du geworden was du jetzt bist?

Jedenfalls nicht der klassischste für meinen jetzigen Job. 😉 Ich habe mit 18 die Schule zunächst geschmissen, um von meiner beschaulichen Heimat im Hunsrück in die „große weite Welt“ nach Köln zu ziehen. Dort habe ich eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellten absolviert und nebenbei das Abitur gemacht. Im Anschluss habe ich mich dann für ein Studium zur Diplom-Wirtschaftsjuristin entschieden und ein Auslandssemester in Schweden, sowie diverse Praktika absolviert. Nach meinem Abschluss habe ich dann knapp 8 Jahre als Personalerin auf unterschiedlichen Positionen im Mittelstand und im Konzern gearbeitet.

Während all dieser Zeit habe ich aber immer wieder gespürt, dass das nicht der Job ist, den ich mein Leben lang machen möchte. Die Idee vom eigenen Laden hat mich immer begleitet und nie losgelassen. Ende 2016 habe ich an der AMD in Düsseldorf berufsbegleitend eine Weiterbildung zur Stylistin angefangen. Die hat mir dann den letzten Push gegeben mein Sicherheitsnetz zu verlassen und etwas Neues zu wagen. 

Wusstest du immer schon, dass du das beruflich machen möchtest?

Eigentlich irgendwie ja. Ich habe mich nur nicht von Anfang an getraut meinem Herzen zu folgen.

Bereits in der Schule habe ich während des Unterrichts gerne Lookbooks oder Interiordesigns gezeichnet. Meine Leidenschaft für Fashion begleitet mich schon seitdem ich denken kann. Schon als Kind hatte ich einen eigenen Kopf und wusste, was ich gerne tragen möchte und was nicht. Als Teenie habe ich gerne die wildesten Kreationen ausprobiert und experimentiert. Freunde und Familie haben mich oft in Kaufentscheidungen mit einbezogen (oder sich Sachen aus meinem Kleiderschrank geliehen) und meinen Stylingrat geschätzt. Auch heute bereitet mir nichts mehr Freude, als meine Freunde und Kunden zu beraten und Sie in schönen Styles strahlen zu sehen. Über den Umweg zu meinem Traumjob bin ich im Nachhinein betrachtet glücklich, da ich dadurch viele Dinge gelernt habe, die mir in meinem jetzigen Job als Unternehmerin sehr hilfreich sind. 

Und wie können wir uns deinen Arbeitstag vorstellen?

Einen wirklichen Standard Arbeitstag gibt es (zum Glück) nicht. Jeder Tag bietet neue Herausforderungen, neue Menschen, neue Styles, neue Inspiration. Das ist es auch, was den Job so interessant und abwechslungsreich macht. 

Ich starte meist mit einer Yogaeinheit (so kurz sie auch sein mag) in den Tag. Das hilft mir, mich zu fokussieren und mit einem positiven Mindset zu starten. Während ich mich im Bad fertig mache, lese und beantworte ich parallel die ersten Mails und Anfragen bei Instagram. Oftmals wird der erste Content des Tages auch noch von Zuhause gepostet. Dann fahre ich in den Laden und freue mich darauf, die ersten Kunden zu sehen und zu beraten. Während des Tages im Store dekoriere ich gerne den Laden um, mache Stories für Instagram oder Fotos für den Onlineshop, packe neue Ware aus und bereite sie für den Verkauf vor, kontrolliere die Lagerbestände, verpacke Onlinebestellungen, koordiniere mein Team etc. 

Einmal die Woche habe ich einen kompletten Tag im Home Office, sodass ich etwas mehr Ruhe habe, um mich um die vielen Themen wie Onlineshop, Einkauf, Buchhaltung, Kundenservice, Content, Trendscouting, Marketing und PR zu kümmern. Besonders während der Orderphase besteht der Alltag viel aus Reisen, Showroombesuchen, Organisieren und Excel. Da ist es besonders schön, wenn mich mein Freund oder eine Freundin begleitet und wir gemeinsam den Vibe der Fashion Week genießen können. 

Einen richtigen Feierabend habe ich eigentlich nicht. Auch wenn ich vom Schreibtisch aufstehe oder den Laden abschließe, drehen sich die Gedanken und Ideen meist noch weiter. Es fühlt sich aber auch oft nicht nach Arbeit für mich an. 

Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?

Die größte Herausforderung liegt für mich derzeit im Einkauf. Die Ordersaison startet meist ein halbes Jahr bevor die Ware in die Läden kommt. Vor der Pandemie war ich regelmäßig in Paris und Kopenhagen in den Showrooms und auf den Messen unterwegs und konnte mir einen guten Überblick verschaffen welche Farben, Formen und Brands angesagt sind oder sein werden. Auch der Streetstyle während der Fashionweeks hat mich immer inspiriert und ist in die Kaufentscheidung mit eingeflossen. Leider findet ein großer Teil der Order seit der Pandemie meist digital statt. Es fehlt der Vibe, die Inspiration und vor allem das Sehen, Fühlen und Anfassen. Normalerweise habe ich jedes Teil, dass es in den Store schafft vorher mindestens einmal angezogen und den Stoff sowie die Passform gesehen. Das fällt jetzt oftmals weg. 

Außerdem darf man nicht unterschätzen, wie viel Arbeit generell auf einen zukommt. Meine Arbeitswoche besteht grundsätzlich aus 6 Arbeitstagen. Nur am Sonntag gönne ich mir eine Auszeit und lege mein Handy und den Laptop weg. Auch spontan mal frei nehmen oder auch ein längerer Urlaub ist meist schwierig umzusetzen. Wenn ich im Urlaub bin, arbeite ich auch von dort weiter und habe selten einen Tag, an dem ich wirklich komplett „offline“ bin.

Wie hältst du es mit Performancedruck oder Selbstzweifeln?

Performancedruck als Selbstständige ist denke ich der Normalzustand.

„Selbst“ und „Ständig“ ist Programm und man weiß, dass man alleine für den Erfolg oder Misserfolg seines „Babies“ verantwortlich ist. Gerade wenn man, wie ich, einen Hang zur Perfektion hat, kann dieser Druck schon mal zu innerlichem Dauerstress führen. Da hilft mir oft der Austausch mit anderen Selbstständigen und das Lernen voneinander, mit solchen Situationen umzugehen. Ein Ratschlag, den mir mein Freund mitgegeben hat und der für mich zu einer Art Mantra wurde: „Not today‘s problem.“ Sich klar zu machen, dass es nicht schlimm ist, auch mal eine Mail später zu beantworten oder auch die neuen Artikel nicht unbedingt noch heute im Onlineshop anlegen zu müssen. Denn hey, auch das ist eine Seite der Selbstständigkeit: Ich bin mein eigener Chef und kann meine Arbeit selber priorisieren.

Selbstzweifel begleiten mich insbesondere währen der Orderphase. Das sind dann Fragen wie: „Habe ich die richtige Farbe/ Muster gewählt? Ist der Schnitt die richtige Wahl oder hätte ich doch einen andere Style wählen sollen? Was sagen die Kunden zur Wahl meines Farbkonzeptes? Wird der neue Brand gut anlaufen? Habe ich die richtige Menge bestellt?“ Da hilft es mir, mit meinem Freund und einer guten Freundin zu diskutieren, Ihnen mein Moodboard zu zeigen und mir vor Augen zu führen, dass ich bislang immer ein gutes Gespür bewiesen habe. 

Auch Yoga und Meditation helfen mir, meinen Kopf kurz ruhen zu lassen und mich wieder auf meine innere Stärke zu besinnen. So richtig entspannt bin ich allerdings erst, wenn ich sehe wie die neuen Styles im Store bei den Kunden ankommen. 😉

Was würdest du jungen Mädchen raten, die diesen beruflichen Weg einschlagen möchten?

Hört auf euch und euer Bauchgefühl und glaubt an eure Träume!

Meist wird Leidenschaft, Fleiß und Durchhaltevermögen belohnt. Ich habe mir vor der Gründung immer wieder die Frage gestellt: „Was ist das Schlimmste das passieren kann wenn es schief geht?“ Und „Würde ich es bereuen, es nicht versucht zu haben?“ Wenn man sich erst einmal vor Augen geführt hat, dass auch ein Scheitern möglich ist, dies aber keinesfalls das Ende der Welt bedeutet, fühlt man sich viel freier und kann seine Ängste und Sorgen, die Veränderungen und Selbstständigkeit nun mal mit sich bringen besser bändigen. Auch heute noch begleiten mich diese Fragen bei wichtigen Entscheidungen und haben mich immer dazu bewogen einen Schritt vorwärts zu wagen. Trotz aller Tiefen, die die Pandemie gerade mit sich bringt, bin ich froh diesen Weg für mich gewählt zu haben und dankbar, dass ich ihn auch noch weiter gehen darf. 

Welche 3 Eigenschaften sind deiner Meinung nach unerlässlich für deinen Job?

Ein gutes Gespür für Trends und Materialien, Organisationstalent und eine offene, positive Art!

Der beste Karrieretipp, den du je erhalten hast?

Trust your inner voice. 

Was wärst du wohl geworden, wenn du nicht diesen Weg eingeschlagen hättest?

Unglücklich. 

Was sind deine Pläne/Wünsche für die Zukunft?

Momentan wünsche ich mir vor allem, dass die Pandemie bald überstanden ist und ich nicht mehr mit dem ständigen Nervenkitzel leben muss, ob und wann ich den Store wieder schließen muss. 

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