„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Carmen & Sonja von Clothesfriends
Circular Fashion, eine starke Vision und jede Menge Mut – darum geht es in meinem heutigen Job-Talk. Denn: Ich habe mir Carmen Jenny und Sonja Wunderlich, die beiden Gründerinnen der Plattform CLOTHESfriends, geschnappt und ihnen meine Fragen rund um Karrierewege, Motivation und Berufsalltag gestellt. Und die beiden haben einiges zu erzählen! Mit ihren 25 und 26 Jahren haben die zwei nämlich nicht nur ein Start-up gegründet, sondern wollen die gesamte Modewelt zu einem Umdenken motivieren. Die Idee: Bei CLOTHESfriends werden Kleidungsstücke ge- und vermietet – so bleiben auch wenig getragene oder ungeliebte Kleidungsstücke im Kreislauf und es muss weniger konsumiert werden. Klingt so einfach, ist es auch!
Mich haben die zwei mit ihrer Leidenschaft und Motivation definitiv abgeholt und deshalb gibt es auch ein paar meiner Kleidungsstücke seit ein paar Wochen auf der Plattform zum Mieten. Mode nachhaltig denken, ohne auf das wunderbare Gefühl von ständig neuen Looks zu verlieren – darum geht es den beiden. Sie wollen uns alle motivieren, den Wert eines jeden Kleidungsstücks wieder neu zu entdecken und zeigen, dass wir alle als KonsumentInnen unseren Teil zu mehr Nachhaltigkeit in der Modewelt beitragen können. Ohne schlechtes Gewissen und ohne den Spaß an der Mode zu verlieren. Wer mehr über die Plattform und das Konzept erfahren möchte, sollte unbedingt mal hier vorbeischauen und natürlich weiterlesen…
Wie genau lautet euer Jobbezeichnung bzw. euer Titel?
Carmen: Wir sind die Gründerinnen von CLOTHESfriends. Wenn man es auf die einzelnen Bezeichnungen herunterbrechen möchte, bin ich Co-Founder & CEO. Sprich ich übernehme die internen Aufgaben von Product- & Team-Managament bis Administration.
Sonja: Genau, ich bin Co-Founder & COO und kümmere mich vor allem um die operativen Aufgaben, sowie den Kontakt zu Kunden und Partnern.
Und wie seid ihr geworden was ihr jetzt seid?
Sonja: Wir haben beide Modejournalismus & Medienkommunikation an der AMD Akademie Mode & Design in München studiert. Da haben wir uns auch kennengelernt. Während und nach dem Studium habe ich mich immer mehr für die Bereiche Branding, PR und Marketing interessiert, wobei ich zunächst bei der Icon und bei Cosmopolitan war und danach im Marketing bei Talbot Runhof.
Carmen: Danach ging es gleich weiter mit CLOTHESfriends! 🙂 Eigentlich schon während des Studiums – die ersten Steine wurden bereits gelegt, als wir in unserem Abschluss-Semester waren und sich unsere Bachelor-Arbeiten um die Themen Circular Economy und Future of Fashion Scenarios gedreht haben. Als wir die Idee von CLOTHESfriends immer mehr verfolgten, wussten wir, dass es uns so schnell nicht mehr loslässt. Bei mir war eine weitere wichtige Station Harper’s Bazaar, wo ich als Online-Redakteurin gearbeitet habe.
Wusstet ihr immer schon, dass ihr das beruflich machen möchtet?
Carmen: Als ich mich für mein Studium entschieden habe, war es mein Ziel, den Menschen zu zeigen, wie weit die Auswirkungen und der Impact der Mode reichen. Ob politisch, gesellschaftlich oder persönlich. Im Fall der Klimakrise trifft es sogar alles zusammen. Sowohl Hersteller als auch Konsument*innen sind dafür verantwortlich, dass zum Beispiel der CO2-Ausstoss der Modeindustrie heutzutage größer ist als jener der Flug- und Schifffahrtindustrie zusammen. Als Journalistin konnte ich darauf aufmerksam machen und es war sehr spannend, dadurch auch selbst mehr dazuzulernen. Mit CLOTHESfriends machen wir Konsument*innen und Unternehmen nun direkt zum Teil der Lösung. Damit habe ich meine Vision zwar verfolgt, aber ich hätte niemals erwartet, dass sie mich an diesen Punkt führt – dafür bin ich unglaublich dankbar!
Und wie können wir uns euren Arbeitstag vorstellen?
Sonja: Da ich mich vor allem um die Customer und Brand Relations kümmere, fängt mein Tag meistens mit Calls und der Kontaktaufnahme von Partnern an. Ich plane den Versand sowie die Rücknahmen der Produkte und pflege den Kontakt zu den Kunden. Was den Arbeitsort angeht, switchen wir immer zwischen unserem Store in München, dem Office unserer Entwickler oder dem Home Office. Diese Abwechslung tut ganz gut und wir haben die Chance, im Store sowohl den Kontakt zu unseren User*innen zu pflegen als auch im Office zu unserem Team. Wahrscheinlich spreche ich für uns beide, wenn ich sage, dass unser Arbeitstag auf jeden Fall immer von vielen Mails und Meetings geprägt ist.
Carmen: Da kann ich nur zustimmen! Als Start-up sind wir aktuell in einer Phase, in der wir uns auf das Wachstum unserer Community sowie die Weiterentwicklung der App fokussieren. Hier liegen meine Aufgaben darin, die App Features und nächsten Milestones zu strukturieren und sie im Team zu kommunizieren. Parallel bin ich viel in Kontakt mit unseren Advisors, mit denen wir an bestimmten Projekten oder Themen arbeiten – wir können ja schließlich nie genug dazulernen.
Was sind die größten Herausforderungen in eurem Job?
Sonja: Besonders in einem Start-up wird man immer wieder vor unerwartete Aufgaben oder spontane Herausforderungen gestellt. Wir haben beide zum ersten Mal gegründet und für uns ist sehr vieles sehr neu – doch genau das macht es spannend! Wir lernen gefühlt jeden Tag etwas Neues. Dabei ist es eine der größten Herausforderungen, auch immer wieder bereit zu sein, aus Fehlern zu lernen oder in der Lage zu sein, aus einer verpassten Chance das Positive zu ziehen.
Wie haltet ihr es mit Performancedruck oder Selbstzweifeln?
Sonja: Anfangs fiel es uns echt schwer, uns nicht mit anderen zu vergleichen. Wir haben aber gemerkt, dass es langfristig nichts bringt und wenn man sich vergleicht, dann höchstens um von anderen zu lernen. Den größten Druck machen wir uns aktuell wohl selbst. Bei einem Start-up ist es auch klar – es ist unser Baby und wir setzen alles daran, dass es wächst! Trotzdem probieren wir, immer wieder kurz etwas Abstand zu bekommen und rauszuzoomen, damit man den Druck wieder etwas herunterschrauben kann.
Carmen: Dasselbe gilt für Selbstzweifel. Ein gewisses Maß ist gut – ich würde es aber eher Selbstkritik nennen. Dass man sich immer wieder hinterfragt und offen bleibt, manche Dinge auch einmal anders zu machen. Gerade weil uns CLOTHESfriends persönlich so wichtig ist, mussten wir lernen, negative Dinge wie Absagen oder Rückschläge nicht zu persönlich zu nehmen. Sagen wir’s so, es funktioniert immer besser.
Was würdet ihr jungen Mädchen raten, die diesen beruflichen Weg einschlagen möchten?
Carmen: Wenn du für eine Idee, ein Ziel oder eine Vision brennst – go for it! Seit der ersten Sekunde, als wir über CLOTHESfriends gesprochen haben, gab es gefühlt kein anderes Thema mehr und ein paar Monate später hatten wir plötzlich gegründet. Eines der wichtigsten Learnings für mich, ist das Einholen von Feedback und der offene Austausch. In unserer Anfangsphase hatten wir oft das Gefühl, dass die Idee noch nicht reif genug ist oder uns jemand die Idee wegnimmt. Die Wahrheit ist aber, mindestens irgendjemand auf dieser Welt wird diese Idee schon gehabt haben – es kommt drauf an, wie und ob man es durchzieht. Je mehr man anfängt, mit seinem Umfeld und immer mehr Leuten über die Idee zu sprechen, desto mehr entwickelt sie sich. Die Ursprungsidee wird sich sowieso immer wieder weiterentwickeln, entscheidend ist, an der Vision festzuhalten.
Welche 3 Eigenschaften sind eurer Meinung nach unerlässlich für euren Job?
Carmen: Resilienz, Neugier, Empathie!
Sonja: Ehrgeizig, Mut, Risikobereitschaft!
Der beste Karrieretipp, den ihr je erhalten habt?
Sonja: Einfach machen und an sich selbst glauben, aber auch an Kritik wachsen.
Carmen: “Never trust conventional wisdom or shortcuts & surround yourself with people who challenge you“ – aus einem Buch von Ben Horowitz.
Was wärt ihr wohl geworden, wenn ihr nicht diesen Weg eingeschlagen hättet?
Carmen: Journalistin mit dem Fokus darauf, mehr über die Missstände, Chancen und Möglichkeiten der Modeindustrie aufzuklären.
Sonja: Ich wäre wahrscheinlich im Brand Management bei einem Sustainable Fashion Brand oder Online Shop.
Was sind eure Pläne/Wünsche für die Zukunft?
Sonja: Für CLOTHESfriends wünsche ich mir, dass wir immer mehr Menschen zeigen können, wie viel Spaß, Sinn und Abwechslung das Mieten bzw. Teilen von Kleidung bietet. Unser Ziel ist es, damit die Wertschätzung von Kleidung wieder aufzubauen, die durch die Fast Fashion Industrie und die ständige Verfügbarkeit von Mode verloren gegangen ist. Wenn man es erstmal lebt, merkt man, welche Freiheiten Circular Fashion bringt. Man braucht nur seine Basics zuhause und den Rest mietet man sich einfach so lange, wie man Lust hat oder wenn man etwas ausprobieren möchte. Einfach nice oder?
Carmen: Dem kann ich mich nur anschließen! Unser Wunsch und gleichzeitig unsere tiefste Motivation ist es, mehr als nur Awareness für nachhaltigen Modekonsum zu schaffen. Mit CLOTHESfriends demokratisieren wir Nachhaltigkeit, indem wir eine unkomplizierte, alltagstaugliche Lösung bieten. Um die Modeindustrie langfristig und nachhaltig in eine zirkuläre Richtung zu treiben, braucht es alle. Mein Wunsch ist deshalb, dass sich die Leute trauen und sich gegenseitig motivieren. Dass auch Regierungen verstehen: Es braucht klare Vorgaben und Maßnahmen – wie die Vorgabe zur transparenteren Deklaration der Lieferketten. Dass Unternehmen und Konsument*innen verstehen, dass jeder Schritt zählt. Der Schlüsselsatz ist für mich: „To empower each other for collaborative change.“
Ein tolles Konzept und eine schöne Gegenbewegung zur allgegenwärtigen Fast Fashion
Da kann ich dir nur zustimmen 🙂