Wie viel ist zu viel? Alles was Ihr zum Thema Überpflegung und Periorale Dermatitis wissen müsst

Wie viel ist zu viel? Überpflegung

Sonntag: Eigentlich steht heute Abend mein rituelles Sunday Facial an. Mein Yoga, meine Auszeit.

Eine Stunde lang schließe ich mich dafür im Bad ein, creme, schmiere, rolle – und streichle meine Seele. Das muss heute allerdings ausfallen. So wie auch schon letzte Woche und die Woche davor. Mich hat es nämlich erwischt. Nein, keine Grippe oder ein fieser Virus – seit ein paar Wochen habe ich nun schon mit Perioraler Dermatitis zu kämpfen. Einer ungefährlichen Hautkrankheit, die auch Stewardessenkrankheit oder Mundrose genannt wird.

Der Witz an der Sache ist allerdings, dass ich diesen Artikel bereits in Planung hatte, als ich noch keine Symptome zeigte. Zufall oder unausweichliches Ergebnis von zu viel Pflege und häufigem Produktwechsel? Das ist meinem Fall noch nicht ganz klar, dafür ist es einfach noch ein wenig früh. Was ich Euch aber schon sagen kann, ist, dass es ziemlich unschön, belastend und vor allem sehr verunsichernd ist. Aber fangen wir doch erstmal von vorne an…

Seitdem ich in der Beautybranche arbeite, habe ich Angst vor Überpflegung.

Alleine das Wort geht in der Branche um wie ein Gespenst. Kaum eine Kollegin die noch nicht damit in Berührung gekommen ist. Die Periorale Dermatits ist allerdings nur eine Seite, von der sich eine überpflegte Haut zeigen kann. Auch Akne oder andere ungewohnte Hautzustände können Symptome der Überpflegung sein. Allerdings funktioniert das Ganze auch anders herum und die PoD wird fehldiagnostiziert und für eine Akne oder Rosazea gehalten. Gar nicht so einfach, da noch durchzublicken.

Das geht aber nicht nur mir so, auch Euch beschäftigt dieses Thema. Mehrfach bekam ich von Euch Nachrichten, einen Artikel zu diesem Thema zu schrieben und genau das habe ich bereits seit Ende letzten Jahres vor und recherchiere bereits seit Wochen. Tja – und auch wenn ich darauf sehr gut verzichten könnte, kann ich Euch jetzt nicht nur die trockenen Fakten aufzählen, sondern first hand berichten, wie es sich so lebt mit einer PoD.

Pickel, Pusteln & Periorale Dermatitis

Es fing vor ungefähr vier Wochen an. Ich bekam einen richtig schönen Pickel am Kinn, einen der Art, wie ich ihn seit Jahren nicht hatte. Meine logische Schlussfolgerung: Eine extra Portion Aufmerksamkeit. Doch trotz aller Anti-Pickel-Maßnahmen verschwand das Ungetüm nicht nur nicht, sondern mein gesamtes Kinn wirkte zunehmend unruhiger, unreiner und ungewohnt pustelig.

Da ich seit einigen Jahren eine wirklich resistente und unempfindliche Haut habe, habe ich mir zunächst keine größeren Sorgen gemacht, sondern die Sache erst einmal beobachtet. Als das Pustel-Areal dann aber immer größer wurde und auch der Pickel einfach nicht abheilen wollte, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass ich es hier nicht mit einem normalen Schub unreiner Haut zu tun habe, sondern dass da mehr dahinter stecken könnte. Und da ich bereits an der Recherche für diesen Artikel arbeitete, lag die Vermutung, dass mich jetzt doch eine PoD erwischt hat, nicht fern. Also setzte ich meine Beautyroutine vorsorglich auf Diät (der wichtigste Behandlungsschritt in diesem Fall).

Keine Masken, keine Peelings – nur noch eine Reinigung, Toner und eine Creme.

Aber auch die abgespeckte Beautyroutine brachte nicht den gewünschten Erfolg und ich wurde unsicherer und unsicherer und machte schließlich doch einen spontanen Termin bei meiner Hautärztin aus. Die bestätigte dann nach nur wenigen Minuten meine größte Angst: Es ist eine leichte Form der Perioralen Dermatitis.

Das hieß jetzt allerdings nicht nur eine runtergeschraubte Beautyroutine, sondern gar keine. Im Idealfall wäscht man sein Gesicht nur mit lauwarmem Wasser und verzichtet auf Pflege oder Make-up jeder Art. Da es mich allerdings nur leicht erwischt zu haben schien, erlaubte mir meine Dermatologin im Notfall ein Mineralpuder, das weder Fett, noch Feuchtigkeit enthält und deshalb die Sache zumindest nicht schlimmer machen würde. Außerdem bekam ich noch eine in der Apotheke angerührte antibiotische Creme, die gegen die Entzündung helfen soll.

Wer sich jetzt aber fragt, wieso man denn nicht pflegen darf und was es eigentlich mit den Ursachen dieser Krankheit auf sich hat, dem möchte ich erstmal alle Grundlagen erklären. Dazu habe ich mir die Hilfe von Livia Zanardo, Fachärztin für Dermatologie geholt, die mir und Euch alle Fragen zum Thema Überpflegung und Periorale Dermatitis beantwortet hat….

Überpflegung: Das sagt die Expertin

Frollein Herr: Was genau bedeutet es denn eigentlich die Haut zu überpflegen?

Dr. Livia Zanardo: „Eine Überpflegung der Haut kann durch verschiedene Ursachen auftreten. Zum einen kann es sein, dass einfach zu viele und zu unterschiedliche Pflegestoffe aufgetragen werden und die Haut schlichtweg überfordert ist. Zum anderen können Überempfindlichkeiten gegen bestimmte Stoffe in der Pflege bestehen, die dann wiederum Entzündungsreaktionen in der Haut auslösen. Eine Überpflegung kann allerdings auch durch eine nicht dem Hauttyp entsprechende Pflege auftreten. Die Symptome einer überpflegten Haut können Barrierestörung, Trockenheit, Rauheit, Rissigkeit, Unreinheiten und entzündliche Reaktionen sein. Oder auch das Bild der Perioralen Dermatitis ergeben.“

F.H.: Also ist eine überpflegte Haut nicht automatisch gleichbedeutend mit einer Perioralen Dermatitis?

L.Z.: „Das Krankheitsbild der Perioralen Dermatitis ist noch nicht zu 100% geklärt, aber eine Überpflegung kann eine Periorale Dermatitis verursachen, ist aber wie gesagt nicht immer die Ursache. Und umgekehrt kann sich eine Überpflegung z.B. auch mit Unreinheiten oder empfindlicher und gereizter Haut bemerkbar machen und nicht nur über eine Periorale Dermatitis. Auch eine Zahncreme mit Fluor oder Menthol kann zum Beispiel eine Periorale Dermatitis auslösen.“

F.H.: Welche Symptome hat die Periorale Dermatitis?

L.Z.: „Die Symptome der Perioralen Dermatitis sind meist Rötung, Schuppung und hautfarbene bis rötliche Papeln, die sich meist um den Mund herum gruppieren. Um die Lippen herum bleibt aber immer ein schmaler Rand ohne Symptome übrig. Die Periorale Dermatitis kann aber auch an den Wangen und um die Augen herum auftreten. Früher hat man die Periorale Dermatitis auch als Stewardessen Krankheit bezeichnet, da diese Berufsgruppe sehr auf ihr Äußeres geachtet hat und somit auch viele Pflegeprodukte verwendet hat.“

F.H.: Und was kann man dagegen tun?

L.Z.: „Die beste Therapie bei Perioraler Dermatitis besteht darin, alle Pflegeprodukte wegzulassen, die sogenannte Nulltherapie. In manchen Fällen kann der Hautarzt aber eine Creme verordnen die täglich dünn aufgetragen wird. Allerdings dauert die Abheilung dann unter Umständen auch etwas länger. Auf keinen Fall sollte eine kortisonhaltige Creme verwendet werden. Diese kaschiert zwar zeitweise die Rötungen, verschlechtert aber insgesamt das Krankheitsbild. Wenn sich die Haut wieder beruhigt hat, dann kann gemeinsam mit einem Experten eine adäquate Pflege ausgesucht werden.“

F.H.: Wie kann ich frühzeitig erkennen, dass meine Haut überpflegt wird? Und wie reagiere ich da am besten?

L.Z.: „Grundsätzlich verwendet man ja Hautpflegeprodukte um die Haut zu verbessern. Wenn man also merkt, dass unter der Anwendung von Pflegeprodukten das Hautbild in irgendeiner Weise schlechter wird, sollte man ebenfalls alle Pflegeprodukte absetzen und sich bezüglich des Hautbildes und der Pflege professionell beraten lassen. Auf keinen Fall gleich das nächste Produkt kaufen.“

F.H.: Der Beautymarkt und die Auswahl im Drogerieregal wird zunehmend größer und größer. Würden Sie sagen, dass die Überpflegung der Haut zugenommen hat, weil die Konsumenten zu viel verwenden?

L.Z.: „Teils ja, aber Überpflegen kann man auch mit einem weniger reichhaltigen Angebot. Ich glaube, dass eher das Problem darin liegt, dass viel im Internet und in Drogerien gekauft wird und hier die Beratung nicht im Vordergrund steht. Die wenigsten kaufen ihre Pflegeprodukte nach einer ausführlichen Beratung und Hautanalyse sondern eher nach Werbeversprechen und nach dem Motto „Viel hilft Viel“. Das kann nur schiefgehen.“

F.H.: Gibt es Hauttypen, die besonders anfällig für die Überpflegung sind?

L.Z.: „Ja, das sind vor allem sehr empfindliche Hauttypen und zu Unreinheiten neigende Hauttypen.“

F.H.: Gibt es spezielle Wirkstoffe oder Produkte, die besonders schnell zur Überpflegung führen?

L.Z.: „Das sind vor allem Wirkstoffe die die Hautoberfläche aufquellen lassen wie zum Beispiel Hyaluronsäure. Die Funktionen der Haut sind dann eingeschränkt und gleichzeitig verliert sie mehr Wasser. Durch eine gestörte Hautbarriere kommt es leichter zu Irritationen, Entzündungen und Infektionen.

Eine Überpflegung kann auch sehr leicht auftreten wenn die Pflege nicht altersentsprechend ist – wenn man zum Beispiel zu früh zu reichhaltiger Anti-Ageing Pflege greift. Ein Klassiker ist auch eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor am Abend zu verwenden oder eine Nachtcreme tagsüber. Dafür sind die Produkte einfach nicht gemacht.“

F.H.: Man hört oft, dass es besser ist, bei seiner Pflegeroutine nur eine Marke zu verwenden. Stimmt das?

L.Z.: „Manchmal ist es sogar sinnvoll unterschiedliche Marken zu kombinieren wenn es der Hauttyp verlangt. Im Normalfall ist es aber so, dass bei einer Marke die Produkte optimal aufeinander abgestimmt sind. Verwendet man Produkte unterschiedlicher Marken, kann es sein, dass verschiedene Inhaltsstoffe nicht zu einander passen oder bestimmte Stoffe doppelt verwendet werden.

Bei der Verwendung verschiedener Marken kann es somit eher zur Überpflegung kommen als innerhalb einer Marke. Reinigung und Tonic zum Beispiel sollte immer von der gleichen Marke stammen um den pH Wert der Haut nach der Reinigung wieder optimal einzustellen. Profis können aber durchaus Produkte unterschiedlicher Marken kombinieren um quasi das Beste aus jeder Serie zu nutzen.“

F.H.: Als Beautyredakteurin gehört das Testen der unterschiedlichsten Produkte und Marken ja quasi zum Beruf. Wie kann man trotzdem vorbeugend handeln?

L.Z.: „Das Allerwichtigste ist, dass man nur Produkte verwendet, die auch für den eigenen Hauttyp gemacht sind. Eine gründliche Reinigung ist ebenfalls unerlässlich und es tut der Haut gut, wenn man ihr auch immer wieder Ruhepausen gönnt, damit sie sich erholen kann. Das kann zum Beispiel auch ein früheres Abschminken gegen 17 Uhr sein und dann entweder kein Produkt über Nacht auftragen oder nur eine leichte Pflege, die Ihre Haut ohnehin gewohnt ist.“

Und wie geht es jetzt weiter?

Das ist eine gute Frage, die ich mir auch regelmäßig stelle.

Denn in meinem Fall geht es nicht nur darum, dass ich mich ungeschminkt nicht so hübsch fühle und mich mit den Pusteln ungerne auf die Straße wage, sondern bei mir spielt auch noch ein beruflicher Aspekt hinein. Schließlich gehört es zu meinem Job dazu, dass ich neue Produkte und Labels teste und Euch in Anschluss davon berichte.

Dass ich damit jetzt erst einmal aussetzen muss, ist klar. Aber wie geht es danach weiter? Schließlich will ich in ein paar Wochen nicht wieder mit einer PoD dastehen. Um ganz ehrlich mit Euch zu sein: Ich weiß es auch noch nicht so genau. Erstmal muss alles abheilen und dann werde ich zusammen mit meiner Ärztin und meiner Kosmetikerin eine geeignete Pflege für mich suchen.

Zum Glück habe ich einige liebe Kolleginnen und auch Leserinnen, die dieselbe doofe Erfahrung machen mussten. Deshalb habe ich schon so einige Tipps bekommen, die ich in Zukunft auf jeden Fall berücksichtigen werde. Die einen schwören auf Apothekenkosmetik, wie diese Emulsion von Avène, eine meiner Kolleginnen wiederum hat Ihre Probleme nur mit Hilfe der Bio-Naturkosmetik von Le Pure wieder in den Griff bekommen.

Was mir schlussendlich helfen wird und wie ich ab jetzt mit dem Testen neuer Produkte weitermache, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich bin mir aber sicher, dass ich Euch hierzu nochmal ein Update geben werde. Sobald die gröbsten Entzündungen abgeklungen sind, muss auch erstmal der Ursache auf den Grund gegangen werden, denn:

Ich persönlich glaube in meinem Fall nur bedingt, an eine falsche Pflege.

Ich habe ja im Dezember mehrfach Kortisonspritzen gegen meine Rückenschmerzen bekommen, die ebenfalls für diese Hautreaktion verantwortlich sein könnten. Bevor ich (oder Ihr) also alle Beautyprodukte dieser Erde verteufelt, muss erstmal ganz genau hingesehen werden. Und damit Ihr Euch besser vor einer Überpflegung oder gar einer PoD schützen könnt, habe ich hier das Wichtigste nochmal zusammengefasst:

Für Betroffene

  • Möglichst früh einen Hautarzt aufsuchen und abklären lassen, ob es überhaupt eine PoD ist
  • Beauty-Detox: Make-up, Cleanser, Creme & Co. erstmal nicht verwenden. Wenn es (z.B. beruflich) gar nicht anders geht, ein Mineralpuder verwenden. Das enthält weder Fett noch Feuchtigkeit
  • Umschläge mit schwarzem Tee beruhigen die Haut und lindern den Juckreiz
  • Nicht zu früh zur alten Beautyroutine zurückkehren. Lass dich lieber vom Arzt oder einer medizinischen Kosmetikerin beraten, was deine Haut jetzt braucht und vor allem verträgt
  • Bloss kein Kortison: Viele Ärzte verschreiben bei Hautausschlägen gleich Kortison. Im Fall von PoD ist das allerdings nicht hilfreich, sondern verschlimmert die Sache zusätzlich
  • Don’t google: Ich weiß, bei jeglichen Symptomen erscheint es leichter das Netz zu befragen, als wochenlang auf einen Arzttermin zu warten, aber: Das macht meist mehr Angst, als es hilft. Wenn Ihr schon googlet, dann denkt daran, dass die meisten Leute, die sich in Foren verewigen eher Schlechtes als Gutes zu berichten haben

Zum Vorbeugen

  • Achtet drauf, dass Hautpflegeprodukte auch wirklich zu Eurem Hauttyp passen. Eine zu reichhaltige Creme hilft nicht automatisch mehr
  • Gönnt Eurer Haut in regelmäßigen Abständen Ruhephasen ohne Make-up oder lasst ab und an auch mal nachts die Creme weg
  • Sobald Ihr merkt, dass Eure Haut unter der Verwendung eines Produkts schlechter wird, seid aufmerksam! Ist es das Produkt? Ein bestimmter Inhaltsstoff? Oder spielen vielleicht doch Eure Hormone verrückt?
  • Lasst Euch beim Beautykauf wenn irgendwie möglich gut beraten. Nur weil ein Produkt gehyped wird oder hübsch aussieht, muss es noch lange nicht für Eure Haut geeignet sein
  • Hört auf Eure Haut! Das habe ich schon oft gesagt und vielleicht muss ich mich auch selbst mal wieder daran erinnern. Was braucht Eure Haut und wie könnt Ihr es am besten geben? Eine gute Kosmetikerin oder ein aufmerksamer Dermatologe kann Euch diesbezüglich am besten beraten

29 Antworten zu “Wie viel ist zu viel? Alles was Ihr zum Thema Überpflegung und Periorale Dermatitis wissen müsst”

  1. Hey,

    danke für deinen Beitrag, ich leide seit Mai an einer Perioralen Dermatitis, mir hat bisher nichts geholfen, außer tatsächlich die Ylumi Energy Kapseln. Ich leide seit dem nicht mehr an Juckreiz und Spannungsgefühl. Allerdings ist es auch noch nicht weg. Berufsbedingt muss ich mich schminken, da ich in einer Parfümerie arbeite. Werde mir als Nächstes das BareMinerals Puder zulegen.

    • Hallo liebe Jenny,

      oh du hast mein absolutes Mitgefühl!!! Ich kann dir die Wickel mit Schwarzem Tee und so wenig Flüssiges (make-up, Pflege) wie möglich empfehlen. Ich drück dir fest die Daumen, dass es schnell vorübergeht! Liebst, Karo

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