Keramik: Selber machen oder bemalen – ich habs ausprobiert!
Dass ich nach Malen, Heimwerkern, Spiegeln aus Bauschaum und Perlenschmuck irgendwann auch mit dem Töpfern anfangen würde, war irgendwie klar. I mean: We all need corona hobbies, nicht war? Es hätte aber auch Stricken werden können. Wäre da nicht der wahnsinnig präsente Keramiktrend (mehr dazu hier). Die vielen hübschen Tassen, Teller oder Kerzenständer, tolle Accounts wie @bettunika, @sisi.tonia, @hellostudiopapaya oder @violabeuscherceramics und der allgemein Wunsch mehr mit den Händen zu arbeiten haben mich dann aber schlussendlich doch zur Keramik gebracht. Von der ersten Idee bis zum Fazit heute aber war es tatsächlich eine kleine Reise. Wieso? Weil ich bei null angefangen habe. Ohne jede Ahnung, ohne Ton, ohne Brennofen und ohne den leisesten Schimmer, ob das nun leicht, schwer oder was auch immer sein würde.
Und weil ich gern direkt in die Vollen gehe, habe ich gleich zwei Projekte parallel gestartet. Zum einen habe ich Keramik-Rohlinge bemalt und den Service eines kleinen Münchner Unternehmens getestet und zum anderen habe ich alles komplett selbst gemacht. Vom Besorgen des Tons, übers Modellieren, das erste Brennen, das Bemalen und Glasieren und das zweite Brennen. Zwei ganz unterschiedliche Wege, um sich an das Thema Keramik heran zu wagen – und zwei Projekte, zu denen ich via Instagram unheimlich viele Fragen und Feedback bekommen habe. Wie funktioniert das? Wo hast du das machen lassen? Was braucht man dafür? Ist das schwer? Auf alle nur erdenklichen Fragen (zu beiden unterschiedlichen Projekten) gibt es heute nun meine ausführliche Antwort. Und zwar jetzt!
Variante 1: Fertige Keramik bemalen
Ich hätte selbst gar nichts über diesen Service erfahren, hätte ich nicht von vielen von euch den Tipp bekommen: Man muss Keramik gar nicht unbedingt komplett selbst machen – es gibt auch einige Läden, die fertige Rohlinge (also Tassen, Teller & Co.) bereitstellen, die man dann vor Ort bemalen kann. Das einzige Problem: Corona. Denn als ich mein Projekt anfing, waren die Inzidenzen noch stark am Steigen und ein Ende nicht in Sicht. Also: Die Läden hatten geschlossen und vor Ort bemalen ging nicht. Nach einiger Recherche bin ich dann auf Froh & Bunter hier in München gestoßen, die sich aufgrund der Pandemie ein neues Konzept haben einfallen lassen. Dort kann man via Onlineshop die Rohlinge und Farben auswählen und bestellen und dann entweder vor Ort abholen oder, so wie ich, für einen Aufpreis direkt nach Hause liefern lassen. Nach der Bemalung bringt man die Werkstücke dann entweder in den Laden zum Brennen oder sie werden wieder zuhause abgeholt, gebrannt und dann wieder ausgeliefert. Das Prinzip fand ich so genial einfach und die Hürde zum Starten so gering, dass ich es sofort ausprobieren musste.
Zum Start habe ich mir also zwei Teller und einen Espressobecher ausgesucht und farbtechnisch eine bunte Auswahl an Rot, Rosa, Blau, Gelb und Grün. Das Paket mit Rohlingen, Farben und Pinseln wurde bis zur Haustür geliefert und der Ablauf nochmal ganz leicht verständlich auf einem Zettel beigelegt. Bei dieser Variante startet man mit einer Grundierung, mit der das ganze Stück bemalt wird. Das sollte idealerweise eine recht helle Farbe sein, damit man anschließend mit den kräftigeren Tönen noch drüber malen kann. Wie genau das funktioniert, welche Technik dabei wichtig ist und welcher Pinsel der richtige ist, wird nicht nur textlich erklärt, sondern ist auch per Video auf der Website von Froh & Bunter abrufbar. Also ging es los! Zuerst mit der Grundierung, dann mit den Farben für die Muster (ich habe mit Streifen, Punkten und einem Schachbrettmuster angefangen, weil man dafür erstmal keine großen Zeichen-Skills braucht). Nachdem man dann mit der Bemalung zufrieden ist, müssen die Stücke ca 24 Stunden trocknen und können dann fürs Brennen abgeholt werden. Die Termine für die jeweiligen Abholungen werden direkt mit dem Store vereinbart und ich glaube bei mir hat es von der Bestellung bis zum fertigen Stück ca. 10 Tage bis 2 Wochen gedauert.
Der letzten Step, die Glasur, die dafür sorgt, dass die Stücke Wasser- und Spülmaschinenfest sind, wird dann von den Profis vor Ort gemacht, sodass ihr im Grunde wirklich nur bemalen müsst. Als ich dann meine beiden Teller und meine Tasse geliefert bekam, war ich tatsächlich erstaunt von meinem eigenen Talent. Ich hatte offensichtlich alle Schritte richtig gemacht, weder zu viele noch zu wenige Farbschichten aufgetragen und bin fürs erste Mal richtig zufrieden mit mir. Spülmaschinenfest sind die Teile übrigens auch und ich habe bei jedem Abendessen von meinem selbst bemalten Tellerchen richtig viel Freude.
Fazit
Das Einsteigermodell kann ich von Herzen empfehlen. Meine Erfahrung mit dem Service hier in München war durchweg positiv, die Preise fair (ich habe insgesamt für Rohlinge, Farben, Brennen und Lieferung so um die 90 €) gezahlt und werde mir sicherlich bald wieder eine Runde Rohlinge bestellen. Da ich aber nur diesen einen lokalen Service selbst getestet habe, kann ich natürlich auch nur davon berichten. Ich weiß aber von Freunden und Bekannten, dass es dieses Konzept auch in anderen Städten gibt. Also einfach mal nach „Keramik bemalen Stadt xy“ googeln und vielleicht findet ihr so einen Service ja auch in eurer Nähe. Sobald wir dann irgendwann back to normal sind, möchte ich zu Bemalen auch unbedingt mal in den Laden gehen, um mir noch mehr Tipps & Tricks einzuholen und nicht immer den Umweg der Lieferung gehen zu müssen.
Variante 2: Keramik selbst modellieren und bemalen
Etwas komplizierter, zeitaufwändiger, aber dafür auch wahnsinnig befriedigend, ist die Variante, die Keramik vom rohen Ton bis zum fertig gebrannten Stück selbst zu machen. Zu jedem der Schritte, dem kompletten Ablauf und allen Details, findet ihr im Netz zum Glück jede erdenkliche Info. Trotzdem aber war dieses Projekt für mich mit einigem Aufwand verbunden – aber gehen wir doch mal der Reihe nach vor. Los geht alles mit den Materialien. Dazu habe ich den Ton und die Werkzeuge der Frankfurter Keramikkünstlerin Viola Beuscher verwendet, die üblicherweise Kurse in ihrem Atelier anbietet, sich während Corona aber das Clay Kit konzipiert hat und ihren KundInnen alles Notwendige fürs Keramik selbst machen nach Hause schickt. Alle Frankfurter können ihre fertigen Stücke zudem bei ihr brennen lassen, das war für mich aufgrund der Distanz leider nicht möglich. Außerdem kann man zum Clay Kit bei ihr ein paar sehr hilfreiche Video-Tutorials kaufen, in denen sie die Basics erklärt, aber auch zeigt, wie man z.B. eine Tasse modelliert.
Los ging es also mit dem Ton-Batzen aus Frankfurt, der auf meinem Müchner Küchentisch nach und nach zu ein paar Tellern, einer Tasse und einem Kerzenständer (meinem Meisterstück) geformt wurde. Das Gute: Die Arbeit mit Ton macht nicht viel Dreck (im Gegensatz zum Malen) und jede Menge Spaß. Wenn man ein wenig Geduld mitbringt und sich nicht sofort entmutigen lässt, wenn mal was nicht klappt (ich habe für die Tasse vier Anläufe gebraucht) ist das Belohnungsgefühl bei dieser Arbeit immens. Da ich selbst aber noch blutige Anfängerin bin, möchte ich euch jetzt hier auch gar keine Tipps geben, sondern verweise lieber auf den Profi Viola (mehr Infos hier), die mit ihrem Kit die perfekte Basis für alle Anfänger bietet.
Nachdem die Werkstücke ca. 1 Tag getrocknet sind, kann man sie nochmal im Detail bearbeiten und Unebenheiten beseitigen. Dann müssen die Stück ca. 2 Wochen komplett durchtrocknen, bevor er an den ersten Brand, den sogenannten Schrühbrand geht. Und das war in meinem Fall auch der mit Abstand komplizierteste Teil, denn: Abgesehen mal von Corona, scheint es in München kaum Anbieter zu geben, die Fremdstücke brennen. Es gibt zwar jede Menge Töpfereien oder KeramikherstellerInnen, die aber allesamt leider keinen Brennservice anbieten oder zumindest während Corona nicht. Ich war tatsächlich schon kurz davor aufzugeben, bis ich einen Betrieb im Münchner Umland gefunden hatte, der genau das anbietet. Bei Andrea Wolbring in Vaterstetten konnte ich dann zum Glück einen Termin ausmachen und meine Stücke zum Brennen vorbei bringen. Nachdem alle Teile den ersten Brand überlebt hatten, kaufte ich in ihrem Keramikbedarf vor Ort auch direkt diverse Farben, Pinsel und Glasur ein. Wieder zuhause wurde also will drauf los gemalt (ich hatte dank meines ersten Projekts ja schon ein wenig Übung) und am nächsten Tag glasiert. Die Glasur fand ich persönlich ein bisschen tricky (komische Konsistenz) und dazu würde ich mir beim nächsten Mal auf jeden Fall nochmal Expertenrat einholen. Aber: Auch den zweiten Brand haben alle meine Stücke überlebt und nach drei Ausflügen nach Vaterstetten konnte ich sie vergangene Woche endlich mit nach Hause nehmen.
Fazit
Mein Fazit für dieses Projekt fällt zwiegespalten aus. Zum einen bin ich super happy mit dem Ergebnis und auch echt ein bisschen stolz auf mich und finde es ganz ganz großartig von einem Teller zu essen, den ich mit meinen eigenen Händen aus einem Tonklumpen geformt habe, zum anderen aber war der Prozess doch recht zeitintensiv und teilweise kompliziert. Man braucht in der Erstanschaffung natürlich einiges an Material, das selbstverständlich auch kostet und vor allem muss man wissen wohin. Ich fand es sehr schade, dass ich hier in München so wenige Betriebe gefunden habe, die mir nicht nur weiterhelfen wollten, sondern auch noch Verständnis für eine Anfängerin wie mich an den Tag legen. Denn: An allen Stellen wurde ich zunächst ein wenig von oben herab behandelt, für meine Unerfahrenheit im Umgang mit Ton, Farbe und Materialen ein wenig belächelt. Ich hatte durchweg das Gefühl, dass die, die dieses Handwerk wirklich beherrschen, kein großes Interesse an Neulingen wie mir hatten. Das meine ich jetzt gar nicht böse und ich persönlich weiß mich da auch durchzusetzen, aber der Weg hat ein bisschen gedauert. Deshalb mein Tipp: Fragt einfach direkt. Lasst euch nicht abspeisen, wenn ihr etwas nicht wisst, unsicher seid oder mit einem Fachwort mal nichts anfangen könnt. Ich verstehe den Unterscheid von Hochbrand und Niedrigbrand (heißt vielleicht auch gar nicht so) auch nicht, hab einfach gemacht wie es mir richtig vorkam und bin am Ende mit meinen Stücken rausmarschiert, die eher nach Schulprojekt als nach Kunst aussehen, aber das war ja auch der Sinn und Zweck des Ganzen.
Mir hat es furchtbar viel Spaß gemacht und ich bin super froh, dass ich das alles ausprobiert habe. Die Zeit ist wunderbar investiert, das Projekt ist sehr befriedigend und es fühlt sich einfach toll an, etwas komplett selbst zu machen. Wenn ihr da also Lust drauf habt, kann ich euch das nur empfehlen, würde euch aber mit auf den Weg geben, euch vorher die Adresse für den Brand rauszusuchen, da das wohl eher Mangelware ist.
Ansonsten: Einfach machen & vor allem Spaß dabei haben!