Weisheit oder Schwachsinn: Welche Beauty-Mythen stimmen und welche nicht?
Es gibt so Dinge, die glaubt man einfach.
Weil man sie mal gehört oder irgendwo gelesen hat oder einfach weil man sie glauben möchte. Hundert Bürstenstriche am Tag sorgen für mega Glanz, wenn man die Beine übereinander schlägt, bekommt man Beserneißer, regelmäßiges Haarschneiden sorgt für schnelleres Wachstum – viele dieser Weisheiten (oder sind es doch Mythen) begleiten uns seit jeher.
Mama, Oma oder Magazine haben uns diese Do’s und Dont’s eingetrichtert – und manche davon haben wir hinterfragt und manche eben nicht! Auch ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich bestimmte Weisheiten einfach unreflektiert übernehme und mich dann irgendwann doch frage, wieviel Wahrheit da eigentlich dran ist. Deshalb habe ich mir die beliebtesten Beautymythen mal vorgenommen und ein paar Experten nach ihren Meinungen gefragt.
Welche stimmen und welche nicht? Echte Weisheit oder purer Schwachsinn – lasst Euch überraschen!
Mythos Nr. 1: Nägel trocknen schneller, wenn man sie anpustet!
„Funktioniert definitiv nicht! Der Lack trocknet dann nur oberflächlich und bleibt darunter weich. Die Folge: Er splittert schneller ab!“ (Evi Weidel, Kosmetikerin und Besitzerin der beautery Munich)
Mythos Nr. 2: Wenn man die Haare zweimal shampooniert, werden sie sauberer!
„Es macht keinen Sinn, die Haare zweimal zu shampoonieren wenn das Shampoo den Anforderungen der Kopfhaut, sowie auch der Haarstruktur entspricht. Das heißt, man sollte das Produkt so auswählen, dass man nur einmal shampoonieren muss. Das reicht normalerweise vollkommen aus, um die Kopfhaut und auch die Haare zu säubern. Es ist also eher eine Frage der Wahl des Produkts, als der Häufigkeit. Ein Zwei-Schritte-Programm macht dann Sinn, wenn man nach der Haarwäsche noch ein weiteres Produkt nimmt, was einen zusätzlichen Pflegeeffekt erzielen soll.“ (Dr. Timm Golüke, Facharzt für Dermatologie aus München)
Mythos Nr. 3: Von Labello wird man süchtig!
„Die vermeintliche Sucht ist vielmehr ein Gewohnheitseffekt. Die Lippenhaut ist extrem dünn und besitzt kaum Talgdrüsen. Lippenpflege schützt und pflegt nicht nur, sondern erzeugt auch ein geschmeidiges, angenehmes Gefühl. Damit dieses Gefühl anhält, wird fleißig nachgeschmiert. Von einer klassischen körperlichen Abhängigkeit, wie sie sich beispielsweise bei Nasenspray entwickeln kann, kann jedoch beim Lippenbalm nicht die Rede sein. Wichtig ist noch, dass die Lippenpflege frei von Paraffinen ist: Diese auf Erdöl basierende Substanz kann von der Lippenhaut erst gar nicht aufgenommen werden, verschließt sie sogar regelrecht und trocknet so auf Dauer aus.“ (Dr. med. Christian Merkel, Dermatologe am Haut- und Laserzentrum an der Oper in München)
Mythos Nr. 4: Wasser trinken macht schön!
„Wassertrinken ist essenziell für unseren Körper – und in Kombination mit einem gesunden Lebensstil auf jeden Fall richtig. Die Haut wirkt praller und trocknet nicht so schnell aus. Jedoch ist das Schönheitsgeheimnis der Stars, die gerne angeben einfach nur viel Wasser zu trinken, oftmals auch der Gang zum Schönheits-Doc. Wasser allein macht nicht unbedingt schön.“ (Dr. med. Yann Renoulet, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie bei Medical One in Dortmund)
Mythos Nr. 5: Hämorrhoidensalbe hilft gegen geschwollene Augen!
„Die Hamorrhoidensalbe gegen geschwollene Augen ist mittlerweile ja quasi schon ein alter Hut: Prinzipiell kann es schon funktionieren, da die adstringierenden Wirkstoffe der Salbe die Gefäße etwas kleiner machen und somit Schwellungen reduziert werden. Genau aus diesem Grund wird die Salbe auch immer noch im Augenbereich verwende. Wobei ich sagen muss, dass diese Stoffe auch in anderen Cremes enthalten sind. Und daher würde ich eher nicht zu einer Verwendung der Hämorrhoidensalbe im Augenbereich raten – einfach auch, weil der abschwellende Effekt – wenn überhaupt – super kurzfristig ist. Zusätzlich kann die Salbe die empfindliche Haut im Augenbereich sogar reizen und im schlimmsten Fall sogar zu einer Kontaktreaktion führen. Somit wäre meine Empfehlung eher zu einer abschwellenden Augencreme zu greifen.“ (Dr. med. Christian Merkel, Dermatologe am Haut- und Laserzentrum an der Oper in München)
Mythos Nr. 6: 100 Bürstenstriche am Tag sorgen für den ultimativen Glanz!
„Bürstenstriche haben nichts mit dem Glanz der Haare zu tun! Ob hundert Bürstenstriche oder zweitausend – aus dermatologischer Sicht hat das Bürsten nichts mit dem Glanz der Haare zu tun. Man kann sie also nicht „polieren“. (Dr. Timm Golüke, Facharzt für Dermatologie aus München)
Mythos Nr. 7: Wenn man sich nicht abschminkt, bekommt man Pickel!
„Auch wenn die meisten Make-Up-Präparate heutzutage die Poren nicht mehr so verstopfen wie ältere Produkte bildet sich doch über den Tag eine Schicht aus Make-Up, Staub, Schmutz und abgestorbenen Hautschüppchen, die durchaus Poren verstopfen und Entzündungen fördern kann. Zudem bilden Bakterien über den Tag hinweg Stoffwechselprodukte, die Akne fördern. Gute Reinigungsprodukte entfernen Partikel und irritierende Substanzen und bereiten so die Haut optimal auf nächtlich wirksame Pflegestoffe vor. Diese können durch eine Schicht von Schmutz und Make-Up auch nicht wirken.“ (Livia Zanardo, Dermatologin aus Fürth)
Mythos Nr. 8: Getuschte Wimpern brechen leicht ab!
„Richtig – getuschte Wimpern können leichter brechen! Deshalb sollte man eine Wimpernzange auch niemals nach dem Tuschen verwenden. Erst curlen, dann tuschen. Und – ganz wichtig: Nicht mit getuschten Wimpern ins Bett gehen! (Evi Weidel, Kosmetikerin und Besitzerin der beautery Munich)
Mythos Nr. 9: Häufiges Schneiden lässt die Haare schneller wachsen!
„Das stimmt nicht, denn die Haare wachsen ja von der Haarwurzel aus und das Haar „denkt“ nicht mit und überlegt sich „Jetzt bin ich geschnitten worden, jetzt muss ich schneller wachsen!“ (Dr. Timm Golüke, Facharzt für Dermatologie aus München)
Mythos Nr. 10: Wenn man sich zu häufig das Gesicht wäscht, duscht oder die Hände wäscht, trocknet die Haut aus!
„Häufiger Wasserkontakt schadet der natürlichen und schützenden Lipidschicht der Haut. Um so mehr, da meist auch heißes Wasser und zu aggressive Tenside verwendet werden. Beides fördert zusätzlich das Vernichten der Schutzschicht. Fehlen die schützenden Fette ist die Hautbarriere gestört und es kommt zu einem zusätzlichen Verdunstungseffekt der in der Haut enthaltenen Feuchtigkeit und die Haut wird weiter trocken. Besonders schnell merken Menschen mit Hautkrankheiten wie Neurodermitis diesen negativen Effekt. Also lieber kurz lauwarm duschen, Hände und Gesicht kalt waschen (fördert zusätzlich die Durchblutung), milde waschaktive Substanzen oder rückfettende Präparate verwenden und bei Bedarf gleich nach dem Trocknen eincremen.“ (Livia Zanardo, Dermatologin aus Fürth)
Mythos Nr. 11: Beine übereinander zu schlagen verursacht Krampfadern und Besenreißer!
„Frei heraus gesagt ist das Blödsinn: Krampfadern entstehen zum einen durch eine genetische Prädisposition und zum anderen durch Prozesse in den Tiefenvenen. Werden die Tiefenvenen verschlossen, kommt es oberflächlich zu kollateral Kreisläufen und dadurch entstehen dann die sichtbaren Krampfadern und Besenreißer. Somit hat das Beine übereinander schlagen keinen Effekt auf die Bildung von Krampfadern & Co., da die Gefäße, die dazu führen, einfach viel zu tief im Gewebe liegen. Selbst wenn man die Beine stundenlang übereinander schlägt, können die Tiefengefäße nicht komprimiert werden. Darüber liegen natürlich noch Nerven. Das heißt, drückt man die ab, kommt es zum bekannten Kribbeln in den Beinen und dann wechselt man im Normalfall eh die Position. Und somit kann man die Beine gar nicht „zu lang“ übereinander schlagen.“ (Dr. med. Christian Merkel, Dermatologe am Haut- und Laserzentrum an der Oper in München)
Mythos Nr. 12: Make-up lässt die Haut nicht atmen!
„Das stimmt zum Teil. Forscher haben herausgefunden, dass unsere Haut tatsächlich einen kleinen Teil des Sauerstoffs über die Poren aufnimmt. Genau deshalb ist die gründliche Reinigung am Abend so wichtig, denn sie ermöglicht unserer Haut über Nacht mal so richtig zu verschnaufen. Ab und an statt dem Make-up nur eine getönte Tagescreme zu verwenden, kann auch nicht schaden. “ (Evi Weidel, Kosmetikerin und Besitzerin der beautery Munich)
Mythos Nr. 13: 8 Stunden Schlaf sind ideal für die Schönheit!
„Genügend Schlaf lässt uns frisch und jung aussehen, gerade Augenringe, die durch Schlafmangel entstehen, lassen sich so vermeiden. Doch wie viel Schlaf für einen Menschen ausreichend ist, ist sehr unterschiedlich. Da kann es Spannen zwischen vier und zwölf Stunden geben. Wichtig ist auch bei genügend Schlaf, dass dies nicht allein der Schlüssel für ein junges und frisches Aussehen ist, ein gesunder Lebensstil spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.“ (Dr. med. Yann Renoulet, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie bei Medical One in Dortmund)
Mythos Nr. 14: Zahnpasta hilft gegen Pickel!
„Bedingt – und es kommt auf die Zahnpasta an. Zu Nutzen möchte man sich den austrocknenden Effekt und die Tatsache machen, dass in einigen Präparaten entzündungshemmende Wirkstoffe enthalten sind. Allerdings können auch Inhaltsstoffe wie Menthol oder Fluoride die Haut reizen wenn sie äußerlich aufgetragen werden und ihrerseits Entzündungen fördern. Bitte auch keine bleichende Zahncreme verwenden. Lässt man die Zahnpasta zu lange auf dem Pickel oder trägt sie großflächig auf, kann sie Poren verstopfen und weitere Pickel fördern. Also im Notfall lieber punktuell dünn auftragen und nach ca. 30 Minuten abwaschen. Besser Tonerdepräparate oder SOS Pickelstifte/roller verwenden, die genau für diesen Fall gemacht sind.“ (Livia Zanardo, Dermatologin aus Fürth)
Mythos Nr. 15: Spliss lässt sich reparieren!
„Spliss lässt sich verbessern! Allerdings nur mit den passenden Produkten. Ich empfehle hier häufig Haarmasken mit Keratin, da dieser Wirkstoff die gespaltenen Spitzen „versiegelt“. Wer zu Spliss neigt, sollte allerdings auch bei der Haarfarbe vorsichtiger sein und die abgebrochenen Spitzen regelmäßig schneiden lassen. Es kommt also auf die Kombination aus der richtigen Pflege, extra Pflege-Add-Ons (Masken & Treatments), Haarfarbe, als auch das Abschneiden an.“ (Dr. Timm Golüke, Facharzt für Dermatologie aus München)
Fazit
Manches stimmt also, manches nicht – und es lohnt sich allemal diese gut gemeinten Ratschläge oder vermeintlichen Weisheiten zu hinterfragen. Manche dieser Regeln hatten vor einigen Jahren noch durchaus noch ihre Daseinsberechtigung, aber neue Erkenntnisse aus Produktentwicklung, Medizin und Forschung rücken die vermeintlichen Wahrheiten mit der Zeit in ein neues Licht. Was ich persönlich allerdings am wichtigsten finde: Wenn Ihr das Gefühl habt, dass Euch eine dieser Beautyweisheiten hilft, dann bleibt dabei!
Ob wahr oder unwahr – was sich für Euch gut anfühlt, kann nicht wirklich falsch sein!
Sehr interessanter und kurzweiliger Blogpost!
Hab einen schönen Tag,
Deine Salome
Merci liebe Salome! Wollte ihn schon lange schreiben, aber bin irgendwie nicht dazu gekommen 🙂
Hab einen tollen Tag xxx K.