„Und was machst du so?“ – im Job-Talk mit Schmuck- und Objektdesignerin Aynur Teyin
Ich ziehe meinen Hut generell vor jedem, der es schafft, ein Business auf die Beine zu stellen.
Aber vor dieser Frau ziehe ich meinen Hut noch ein kleines Stückchen tiefer! Aynur Teyin ist selbstständige Schmuck- und Objektdesignerin, studiert nebenbei noch und führt ihr eigenes Label als One-Woman-Show hauptsächlich in der Nacht. Viel Arbeit, viel Konkurrenz und jede Menge Schweiß und Tränen fließen in jedes einzelne von Aynurs Schmuckstücken (von denen ich auch schon das ein oder andere in meiner heißgeliebten Schmucksammlung habe) und trotzdem springen Leidenschaft und Begeisterung der 30-Jährigen förmlich über, wenn man sie über ihr Handwerk sprechen hört. Was Aynur antreibt, wie sie geworden ist, was sie jetzt ist und was sie auf Ihrem beruflichen Weg gelernt hat, lest Ihr hier…
Wie genau lautet deine Jobbezeichnung bzw. dein Titel?
Seit 2016 bin ich Designerin für Schmuck und Geräte. Ab Februar 2021 werde ich hoffentlich den Bachelor of Arts im Bereich Jewellery and Everyday Objects ganz stolz in den Händen halten –can’t wait!
Und wie bist du geworden was du jetzt bist?
Mit Anfang 20 habe ich erstmal eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Dadurch gewann ich Einblick in Bereiche wie Buchhaltungen, Finanzen oder Wirtschaftslehre. Anschließend folgte eine schulische Ausbildung an der Goldschmiedeschule in Pforzheim. Dort absolvierte ich meine Ausbildung zur Designerin im Bereich Schmuck und Geräte. Seit 2016 studiere ich Schmuckdesign und Objekte der Alltagskultur an der Hochschule Pforzheim – Fakultät für Gestaltung.
Wusstest du immer schon, dass du das beruflich machen möchtest?
Bereits als Kind habe ich mich sehr gerne kreativ ausgetobt: Backen, Stricken oder Malen waren meine Lieblingsbeschäftigungen. Mit 18/19 wusste ich endlich, dass ich im kreativen Bereich tätig sein möchte. Durch eine ganz spontane Begegnung in der Bahn lernte ich eine Freundin kennen, die sich in der Ausbildung zur Schmuckdesignerin befand. In diesen 10 Minuten war ich so fasziniert und mein Herz pochte und da wusste ich es: Ich will Schmuck designen und produzieren!
Und wie können wir uns deinen Arbeitstag vorstellen?
Studium & Job können sehr hektisch und stressig werden. Zeitmanagement ist auch bei mir, wie bei vielen anderen, eine herausfordernde Angelegenheit – aa ich zwischen Job, Label und Studium förmlich jonglieren muss. Endlose Nachtschichten sind über die ganzen Jahre ein fester Bestandteil meiner Arbeit geworden. Ich liebe es aber unter Zeitdruck zu arbeiten, da entstehen die besten Projekte. Bei personalisierten Aufträgen wie Eheringen oder auch aufwändigeren Schmuckstücken lasse ich mir Zeit. Der weg von der Konzeptionalisierung bis zur Realisierung ist lang und erfordert Ausdauer.
Mein Arbeitstag und auch Unitag beginne ich immer erst mit einem Cappuccino! Dann gehts in die Vorlesung oder zum jeweiligen Kurs und danach folgt der Materialeinkauf, Paketversand und letztendlich starte ich ab 17 Uhr wenn alles gut läuft mit der Produktion im Atelier. Es gibt aber auch Tage oder Nächte wo von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens arbeite. Diesen Rhythmus habe ich mir über die ganzen Jahre angeeignet. Ein 9 to 5 Job wäre nichts für mich. Deswegen versuche ich immer die perfekte Balance zwischen Struktur und Flexibilität zu finden.
Schlaflos zu arbeiten klingt für nicht Betroffene oft verrückt und manchmal weiß ich selbst nicht, wie ich das schaffe. Aber wenn ich etwas fertig machen möchte überkommt mich ein ganz besonderer Energieschub und auch die kreativsten Ideen.
Ich denke, wenn uns eine Sache nicht schlafen lässt, dann ist es Leidenschaft.
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Eine der größten Herausforderungen ist das Zeitmanagement. Es ist manchmal sehr schwer Studium und Label plus Nebenjob unter einem Hut zu bringen. Ich mache wirklich alles selber – vom Design bis zur Verpackung. Die Lieferzeiten liegen daher auch bei 2-4 Wochen. Wenn also Bestellungen reinkommen, muss man wissen, dass man Handarbeit kauft und kein Fabrikprodukt. Ich arbeite aber derzeit unter Hochdruck daran, das Problem mit der Wartezeit zu beheben. Ab 2021 wird es ein Mini-Lager geben und dadurch auch kürzere Lieferzeiten.
Ich versuche also Hürden ganz klar zu erkennen und diese zu beheben. Ich bin eben eine selbstständige junge Frau. Die Hürde der Selbstständigkeit ist eben „Selbst“ und „Ständig“. Man ist auf sich selbst angewiesen und man kann auch nicht eben mal frei nehmen oder spontan Urlaub machen. Das nimmt man für seine eigenen Träume und Visionen in Kauf und ich denke, wir Frauen haben da unsere Superpower.
Wie hältst du es mit Performancedruck oder Selbstzweifeln?
Unbedingt an sich GLAUBEN!
Natürlich habe ich auch Selbstzweifel und stelle mir oft die Frage, ob ich wirklich irgendwann mal meine Brötchen damit verdienen kann ohne Angst um meine finanzielle Existenz haben zu müssen. Die Designbranche ist sehr schwer und hart. Alleine via Instagram sieht man unendlich viele Schmucklabels oder auch unerfahrene Influencer, die plötzlich ihren eigenen Schmuck produzieren lassen. Diese machen es uns leider durch unrealistische und unwürdige Preise umso schwerer als Handwerker und Designer Fuß zu fassen. Die Branche wächst und wird komplexer. Aber ich denke mir immer, dass ich das aus Liebe mache und das gibt mir unendlich viel Power! Ich glaube sehr stark an mich selbst.
Dass es aber das Label Aynur Teyin Jewellery gibt, ist für mich nach wie vor ein Phänomen. Ich hätte nie gedacht, dass sich das alles neben Ausbildung und Studium ergibt und überhaupt möglich ist. Durch meine erste Kooperation ging es 2014 so richtig los. Es macht mich unglaublich stolz, dass so viele Menschen da draußen sich mir anvertrauen und mich unterstützen. Sie tragen schließlich meine handgefertigten Schmuckstücke! Das Gefühl kann ich garnicht beschreiben.
Es ist purer Seelenfrieden und ich muss alleine bei dem Gedanken immer lächeln! Ich bin unendlich dankbar.
Was würdest du jungen Mädchen raten, die diesen beruflichen Weg einschlagen möchten?
Ich verfüge inzwischen über eine Qualifikation von 7 Jahren Arbeitserfahrung und Ausbildung und ich muss sagen, dass ich immer noch lerne! Man sollte sich für Kunst & Mode interessieren und Freude am Ausprobieren haben. Ruhige Finger sind von Vorteil! Handwerk braucht Geduld, und ein Designerleben wie in Filmen ist oft unrealistisch. Hinter den Kulissen sieht es ganz anders aus. Aber sobald man das fertige Stück in den Händen hält, ist das Erfolgserlebnis so stark und man möchte einfach nur weitermachen!
Vor allem jungen Frauen rate ich, supportet andere Frauen, glaubt an Euch selbst. Nur wenn Ihr an eure Träume glaubt und überzeugt seid, könnt ihr auch andere davon überzeugen.
Bei Fragen können sich alle, die sich für diesen beruflichen Weg interessieren, auch gerne per Mail bei mir melden (info@aynurteyin.com). Ich teile meine Erfahrungen gerne und freue mich wenn ich behilflich sein kann.
Welche 3 Eigenschaften sind deiner Meinung nach unerlässlich für deinen Job?
Bodenständigkeit,Leidenschaft und gute Laune!
Der beste Karrieretipp, den du je erhalten hast?
Gerade als Selbstständige in einer kreativen Branche muss man den Spagat zwischen Designerin und Unternehmerin schaffen. Man mag zwar als Designerin denken, muss aber als Unternehmerin handeln.
Das Erfordert gerade am Anfang ein Know-How in beiden Bereichen. Sich diese Expertise anzueignen ist sehr zeitaufwendig – aber schlichtweg unverzichtbar! In einem Betrieb sind Rollen ganz klar verteilt, aber als Unternehmerin und gerade als Selbstständige ist man zu Anfang alles in einem und für alles gleichzeitig verantwortlich. Es gibt natürlich sehr viele und nützliche Beratungsstellen. Deshalb: Hilfe und Unterstützung da annehmen wo es nur geht, aber sich seiner Verantwortung bewusst sein, seine Träume stets vor Augen behalten und sich ständig daran erinnern, warum man damit angefangen hat.
Was wärst du wohl geworden, wenn du nicht diesen Weg eingeschlagen hättest?
Mir war es immer wichtig, dass ich Spaß an meinem Job habe. Ich denke, dass ich vielleicht eine Ausbildung zu Konditorin absolviert hätte – das Backen ist nämlich eine weitere Leidenschaft von mir.
Was sind deine Pläne/Wünsche für die Zukunft?
Für die Zukunft Wünsche ich mir eine stabile Selbstständigkeit. Mein Ziel ist es künftig in Concept Stores vertreten zu sein. Den Glauben daran, gibt mir das, was ich bisher schon erreicht habe. Ich habe mir alles ohne jegliche Mittel aufgebaut und möchte weiterhin einfach nur Schmuck kreieren. Das gibt mir den Mut und die Zuversicht an eine erfolgreiche Zukunft zu glauben.