Von Selbstauslöser-Shootings, fehlender Kreativität & der Angst irrelevant zu werden: Bloggen in der Pandemie

Corona hat unser aller Leben verändert. Selbstverständlich auch meines. Aber nicht nur privat sieht der Alltag seit nunmehr fast einem Jahr komplett anders aus (wenige bis gar keine sozialen Kontakte, 24h mit dem Partner zusammen sein, Eintönigkeit und immer wieder Sorgen, Zweifel und Zukunftsängste), sondern auch beruflich hat sich einiges für mich geändert. Gleich mal vorweg: Ich bin mir absolut bewusst, dass es unzählige andere Berufe gibt, die weitaus stärker von Einschränkungen und Schließungen betroffen oder einem stark erhöhten Inektionsrisiko ausgesetzt sind – mein Job aber ist das Bloggen, die Selbstständigkeit, das kreative Arbeiten. Und nur davon kann ich berichten. Und nachdem neulich im Rahmen einer meiner Ask-me-Anything-Runden die Frage nach Veränderungen in meinem Job durch Corona aufkam, möchte ich euch diese heute ganz ausführlich beantworten. Straight aus meinem Leben, aus meinem Alltag als Bloggerin, Influencerin und Freiberuflerin.

Die Fakten

Aber fangen wir doch zunächst mal bei dem an, was beruflich nun mal eine sehr große Rolle spielt: Inwiefern hat sich meine Auftragslage und damit auch meine finanzielle Lebensgrundlage verändert? Hier bin ich zum Glück in einer sehr privilegierten Position, da sich der digitale Konsum in der Pandemie enorm gesteigert hat und auch meine Kunden wissen, dass sie ihre Produkte derzeit hauptsächlich durch digitale Kampagnen bewerben können. Sprich: Finanzielle Einbußen gibt es für mich keine. Klar, die Abläufe haben sich verändert, hier und da wurden Kampagnen gestrichen oder verschoben, Events finden keine statt und auch das „Wie“ von Kooperationen hat sich um 180 Grad gedreht, aber alles in allem kann ich als Bloggerin und Influencerin sehr dankbar sein, dass ich durch die digitale Natur meines Jobs recht gut dastehe. Um ehrlich zu sein, aber traue ich dem Braten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so recht, da sich erst mit zeitlicher Verzögerung zeigen wird, wieviele Marken „überleben“ werden, wohin sich Marketingbudgets verschieben und ob dann am Ende auch noch genug Geld für verhältnismäßig „kleine“ Kanäle, wie meinen, da sein wird.

Bis jetzt kann ich mich an der Auftragsfront auf jeden Fall nicht beschweren, wenngleich es derzeit deutlich mehr Anfragen nach Umsonst-Content, also dem Angebot von „Geschenken“ gibt, die keine sind, weil ein Geschenk keine Gegenleistung nach sich zieht, Pressegeschenke das aber nun mal tun und ich mir somit sehr genau überlegen muss, was ich annehme und was nicht. Denn das Thema des unbezahlten Contents, also der Bezahlung mit Produkten, ist in diesem Jahr für mich persönlich so groß wie nie zuvor und so toll das auf den ersten Blick auch immer aussehen mag, dass man einfach Dinge zugesendet bekommt, so zweischneidig ist dieses Schwert in der Realität. Schließlich kann und will ich euch nicht täglich Dinge zeigen, die man mir gesendet hat, nur damit ich die 5000. Creme danach in einer Verlosung an euch verschenken kann. Das macht wirtschaftlich null Sinn, hat aber schlichtweg auch für euch kaum Mehrwert, da ihr dann auch einfach in einem Onlinestore runterscrollen könntet und am Ende genau so schlau wärt.

Der Selbstauslöser, mein bester Freund

Eine weitere, nicht unwesentliche Neuerung seit Corona ist definitiv das Thema Fotos. Habe ich früher regelmäßig mit FreundInnen oder FotografInnen meine Looks festgehalten, Shootings organisiert und versucht tolle Locations zu finden, findet jetzt alles in meiner Wohnung statt. Das bedeutet: Ein Stativ, der Selbstauslöser und ich verschanzen uns wahlweise in Wohn- oder Arbeitszimmer und versuchen ein gutes Bild zu schießen – und das auch, wenn es dank des Winterwetters nie wirklich hell in der Wohnung wird. Das klingt jetzt auf den ersten Blick vielleicht ganz amüsant, ist es auf Dauer aber nicht wirklich. Schließlich halte ich sonst die Looks für euch fest, die ich trage wenn ich etwas unternehme, Freunde treffe oder Pressetermine besuche. Jetzt aber spiele ich im wahrsten Sinne des Wortes Verkleiden und kombiniere meine Jogginghose auf so viele Arten, wie ich es selbst nicht für möglich gehalten hätte. Und das nicht draußen und im echten Leben, sondern vor einem winzigen freien Fleck in meinem Büro – mit dem Selbstauslöser in der Hand.

Mode ist in meinen Auge aber nichts, das man für Bilder trägt. Mode muss in deinen Alltag passen, deine Stimmung aufgreifen oder unterstreichen und mit dir durchs Leben gehen.

Der Fakt, dass mein Leben aber derzeit nur aus dem Weg vom Bürostuhl in die Küche besteht, macht diesen Anspruch an meine Looks und das, was ich euch zeigen möchte, natürlich etwas schwieriger. Und genau deshalb hat auch das Thema Interior, sowohl auf dem Blog, als auch bei Instagram eine deutlich größere Rolle eingenommen. Ich bin immer zuhause, habe viel Zeit (aufgrund der ausfallenden Pressetermine) und noch nie war es mir so wichtig, dass ich mich zuhause wohlfühle. Also bastle, male, heimwerke oder stelle ich Möbel und Deko fast täglich um. Nicht nur, weil mir das tatsächlich Spaß macht, sondern selbstverständlich auch, damit ich euch Content bieten kann. Das Ergebnis: Viel, viel mehr Interior-Content. Zum Glück scheint euch der zwar gut zu gefallen, aber wenn ich ehrlich bin, macht es mir schon zu schaffen, dass ich aufgrund der derzeitigen Situation so wenige Motive zur Verfügung habe.

Manches mal, wenn ich meinen Couchtisch zum drölfsten Mal umstyle und anschließend fotografiere, suchen mich Zweifel heim, dass es euch irgendwann zu langweilig, zu eintönig, zu immer gleich werden könnte. Aber: Ich versuche gleichzeitig mich an alle bestehenden Reise-und Kontaktbeschränkungen zu halten und bin deshalb schlichtweg gezwungen, mit dem zu arbeiten, was ich habe. Und das Beste aus der Situation zu machen. Das gelingt mir mal besser und mal schlechter, aber lieber renoviere ich die Bude 18 Mal in einem Jahr um, als dass ich anfange Fitnessvideos für euch zu drehen (Indianerehrenwort!).

Niemand ist eine Insel!

Und wo wir schon beim Thema Zuhause sind: Da ich sowieso aus dem Home Office arbeite, war dies zu Beginn auch gar kein Problem für mich. Jetzt aber nach einem Jahr muss selbst ich als passionierte Einsiedlerin einsehen: Beruflich wie privat, braucht es andere Menschen. Wo sonst wöchentlich im Schnitt zwischen 3 und 10 Pressetermine, Business-Lunchs oder Shop-Openings in meinem Kalender standen, herrscht jetzt gähnende Leere. Gut, hier und da gibt es mal einen Zoom-Call, bei dem ich zwar die mir bekannten Gesichter sehe, sich aber kein netter Plausch, kein Austausch, kein sich gegenseitig auf den neusten Stand bringen entwickelt. Als Kreative ziehe ich meine Ideen, aber auch meinen Selbstwert aus mir und dem, was ich schaffe. Ich grüble, kaue auf Themen rum, schreibe sie dann nieder und finde im Ergebnis meiner Arbeit Bestätigung und Befriedigung. Ich dachte bisher immer, dieser Ort in mir, in den ich mich zurückziehe, um kreativ zu sein, sei unerschöpflich.

Tja – Corona hat mich gelehrt, dass dem nicht so ist. Und das war eine, wenn nicht sogar die erschreckendste Erkenntnis der letzten Wochen und Monate.

Auf meine Kreativität konnte ich mich bisher immer verlassen. Egal worum es ging – ob Fotoidee, Themenauswahl für den Blog, Umsetzung einer Kooperation oder das Einrichten meiner Wohnung – nie, nie, niemals hätte ich gedacht, dass ich irgendwann mal dastehe und einsehen muss, dass ich schlichtweg leer bin. Denn auch wenn ich vieles aus mir selbst ziehe, brauche ich den Input von außen. Ich muss Dinge sehen, erleben, mich mit Menschen unterhalten, Meinungen hören und mir selbst eine bilden. Jetzt aber, wo alle News, die mich erreichen in Form von Pressemails kommen, ich mich nicht oder nur sehr wenig mit KollegInnen austauschen kann, fühle ich mich isoliert und abgeschottet – mir fehlen Impulse und Fortschritt, sodass ich mich kreativ gerade fühle, als würde ich auf der Stelle treten. Das macht mir beruflich, aber auch persönlich wohl am meisten zu schaffen, da sich beide Bereiche in meinem Fall eher schlecht voneinander trennen lassen. Und so passiert es nicht selten, dass ich schon mittags unter der Heizdecke auf meiner Couch liege, mit mir, meinem Job, meinem Leben und meiner Zukunft hadere, während mein Freund im Schlafzimmer in einem Telefonat nach dem anderen steckt und abends kaputt zu mir auf die Couch kommt.

Ja, derzeit wünsche ich mir manchmal einen festen Job zurück. Mit Struktur, klaren Aufgaben und Zielen. Mit einem Chef, der das Risiko für mich trägt, KollegInnen, bei denen man sich auskotzen kann und einem fixen Gehalt, das selbstverständlich auch von der eigenen Leistung abhängt, jedoch aber nicht zwingend davon, wieviele Wege mir an diesem Tag eingefallen sind, wie man Jogginghosen kombinieren kann.

Social Media: Der Weg nach draußen

Während so manche KollegIn in der Pandemie komplett aufdreht, eigene Fitnessvideos produziert, Bananenbrot backt und jeden Abend einen Talk bei Clubhouse hosted, sitze ich oft da und mag mich nur vergraben. Denn so sehr mich die sozialen Medien besonders in Zeiten der Isolation auch bereichern (schließlich komme ich hier täglich mit so so vielen von euch in Kontakt, sehe Trends und Stylings, finde Inspirationen und Austausch), so viel Druck bauen sie auch auf. Und so scheint es nicht nur mir zu gehen.

Noch nie, nie, nie habe ich so viele KollegInnen eine Instagrampause nehmen sehen, wie in den vergangenen Monaten. Ob im Herbst, über Weihnachten und Neujahr oder den Januar über: Irgendwie schien jeder, der beruflich in den sozialen Medien unterwegs ist, früher oder später überfordert zu sein und sich eine Auszeit nehmen zu müssen. Auch ich – und so habe ich zum ersten Mal in drei Jahren den Blog über Weihnachten und Neujahr ruhen lassen und habe auch bei Instagram so gut wie gar nichts geposted.

Woran das liegt? Ganz genau kann ich es auch nicht sagen, aber ich denke, dass sich sowohl NutzerInnen, als auch CreatorInnen derzeit nach Orientierung sehnen und die so vielfältigen Möglichkeiten, die man in den sozialen Medien sieht, den Vergleich zum eigenen Leben triggern. Während man selbst nämlich (wie ich) mit schlechter Haut, in Jogginghose und voll gekleckertem Pulli unter der Heizdecke sitzt, gibt es da draußen immer und zu jedem Zeitpunkt Menschen, die ihr Leben scheinbar im Griff haben. Sie sehen toll aus, machen tolle Sachen, sind motiviert und aktiv und du selbst kannst dich an manchen Tagen nicht mal motivieren die Haare zu waschen.

Das verunsichert – und zwar in einer Zeit, die sowieso so unsicher ist, wie nur irgendwie möglich.

Du bist nicht relevant. Du fliegst!

Das Wort „Relevanz“ begleitet mich als Influencerin gefühlt täglich. Denn: Meine Daseinsberichtigung auf Instagram ist es, relevante Beiträge zu erstellen, die gesehen, geliked, geteilt oder kommentiert werden. Je relevanter du bist, desto größer dein Erfolg. Die Angst-Vorstellung eines jeden Influencers ist es also irrelevant zu werden. Wenn es keinen mehr interessiert, was du täglich so trägst, kochst oder sagst, bist du von heute auf morgen weg vom Fenster und es rücken tausende neue InfluencerInnen nach, die relevanter sind. Führt man sich das vor Augen, ist meine Zukunftsangst vielleicht ein wenig besser nachzuvollziehen, denn: Es herrscht eine fucking PANDEMIE – wie zur Hölle soll ich da mit hübschen Vasen oder der drölfsten neuen Tasche auch nur irgendwie relevant sein?!?!?

Die Angst irrelevant, uninteressant und am Ende unsichtbar (bei Instagram halt im wahrsten Sinne des Wortes) zu werden, ist also durchaus berechtigt. Nun hat sich allerdings nach dem ersten Schock im vergangenen Frühjahr gezeigt, dass meine und auch die Inhalte meiner KollegInnen nicht von heute auf morgen irrelevant geworden zu sein scheinen, aber: Inmitten einer Pandemie so zu tun, als wäre die Wahl der richtigen Tasche oder die neue Maniküre irgendwie weltbewegend, erscheint mir irgendwie auch verblendet. Deshalb versuche ich konstant eine ausgewogene Balance zwischen meinen Themengebieten (den unnützen, aber sehr schönen Dinge dieser Welt) und der aktuellen Lebensrealität meiner Leser zu finden. Das ist nicht immer leicht, da die einen bei mir kein einziges Wort über Corona und dessen Folgen hören oder lesen wollen und sich stattdessen nach Ablenkung sehnen, andere wiederum vielleicht finanziell ganz anders dastehen als vor der Pandemie und dementsprechend auch ganz andere Sorgen und Ansprüche an meinen Blog haben.

Ihr seht schon: Relevant zu sein ist sowieso eine sehr volatile Sache – in Zeiten einer weltweiten Pandemie aber, scheint es ein täglicher Balanceakt. Kommt dann noch dazu, dass man sich privat oder persönlich schlecht fühlt, einen die Sorge um Mitmenschen und die Gesellschaft quälen und man kreativ ausgelaugt ist, wird die Sorge nichts Relevantes mehr hervorbringen zu können, umso größer.

So geht es mir zumindest und ich vermute, dass es auch vielen meiner KollegInnen so gehen wird.

Wir haben einen derartigen Sahnehäubchen-Job in dieser Gesellschaft, der so neu ist, sich konstant verändert und immer wieder neue Aspekte zu Tage fördert, dass Sicherheit ganz bestimmt nichts ist, dass uns einfach zuteil wird. Vielleicht fühlen sich deshalb so viele von uns ab und an danach, den sozialen Medien zu entfliehen, nicht relevant sein zu müssen und einfach nur durch diese Zeit durchkommen zu wollen. Fest steht aber, dass sich auch das Bloggen und Influencen durch die Pandemie sehr verändert hat. Vielleicht nicht für jeden (es soll ja immer noch genug InfluencerInnen geben, dir nach wie vor einreden wollen, dass der Abnehm-Tee dein Leben verändert), sicherlich nicht für jeden gleich und sicherlich ist jede/r BloggerIn oder InfluencerIn auch menschlich mit ganz unterschiedlichem Handwerkszeug ausgestattet, diese Krise sowohl privat, als auch beruflich zu meistern. Deshalb möchte ich nicht für meine gesamte Branche sprechen, sondern nur für mich.

Die berufliche Karo und die private Karo sind sich so nahe, dass jede Veränderung in meinem privaten Leben auch eine Veränderung in meinem professionellen Leben bedeutet. Und deshalb ist auch seit März 2020 alles, was ich tue im Kontext der Pandemie zu sehen. Meine Gedanken, meine Wünsche, meine Stimmung, meine Sorgen, meine Unzufriedenheit und meine Hoffnung: Der Mensch Karo und die Bloggerin Karo durchleben, genau wie jede/r von euch, ein nie da gewesenes Chaos der Gefühle. Und so kämpfe auch ich jeden Morgen mit Motivationstiefs, Zukunftsängsten und berufsspezifischen Problemen, wie der fehlenden Kreativität.

Deshalb lautet die Antwort auf die Frage, ob sich das Bloggen in der Pandemie verändert hat, ganz klar JA! Aber auch die Bloggerin, in diesem Fall ich, habe mich verändert und passe mich konstant den neuen Umständen an. Alles in der Hoffnung auf ein baldiges Ende der derzeitigen Situation und darauf, dass ich es bis dahin schaffe, irgendwie relevant zu bleiben. Was auch immer das genau bedeuten mag.

2 Antworten zu “Von Selbstauslöser-Shootings, fehlender Kreativität & der Angst irrelevant zu werden: Bloggen in der Pandemie”

  1. Ich finde deine Gedanken und Reflexion, wie immer sehr relevant. Mein Job geht nicht im Home Office und mein Leben besteht aus, zur Arbeit und zurück fahren, schlafen, essen, arbeiten. Abwechslung für die Augen heißt für mich unter anderem Instagram. Und ja ich finde manche Contests inzwischen richtig lame. Vor allem, wenn „alles so toll“ ist. Das stört mich immer mehr. Dein Blog hingegen ist mir wichtiger geworden. Ich habe große Achtung vor der Art und Weise wie du das alles meistert. Kreativität hat immer mehrere Quellen und die können nicht alle in uns liegen. Wie wichtig Austausch und Leben außerhalb der eigenen Wohnung ist wird immer deutlicher. Also noch einmal Hut ab vor dir und deinen Blog. Er war und ist einer meiner Highlights.
    Liebe Grüße und einen schönen Sonntag Birgit

    • Liebe Birgit, von Herzen Danke für deine lieben Worte! Das bedeutet mir wirklich sehr sehr viel und motiviert mich auch in dieser manchmal schwierigen Zeit am ball zu bleiben!
      Alles Liebe für dich!!

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