Aidan vs. Mr. Big: Die Sache mit dem Beuteschema

Eigentlich bin ich ja kein Freund des Schwarz-Weiß-Denkens, aber bei einer Sache trifft es definitiv zu. Es gibt zwei Sorten Männern da draußen: Aidans und Mr. Bigs – und von einem solltet Ihr unbedingt die Finger lassen!

Ich halte Carrie Bradshaw für eine der smartesten und realistischsten Serienfiguren unserer Zeit. Sie hat erlebt, was wir alle erlebt haben (ok, höchstwahrscheinlich mit ein bisschen mehr Sex als bei der Durchschnittsfrau) und ich persönlich bin ihr nicht nur in Sachen Geld und Schuhe („I’m gonna be the old lady living in her shoes!“) sehr ähnlich. Aber: In meinen Augen hat sie am Ende dann doch ziemlichen Bockmist gebaut. Sie hat den falschen Mann gewählt. Und bevor jetzt ein großer Aufschrei durch Team Big geht – lasst mich Euch erklären warum.

Und bevor jetzt ein großer Aufschrei durch Team Big geht – lasst mich Euch erklären warum.

Stark runtergebrochen gibt es nur diese zwei Typen von Männern: Aidans und Mr.Bigs. Erstere sind bodenständig, liebevoll, verlässlich und machen kein Geheimnis aus ihren Gefühlen für dich. Die zweite Sorte – und das ist die gefährlichere von beiden – lässt dich gerne zappeln, hat Bindungsängste (neben zahlreichen anderen Problemen, die rein gar nichts mit dir zu tun haben) und halten nur selten Wort. Sie sind unfassbar charmant, witzig und wahrscheinlich sogar ziemlich feine Kerle (solange du sie nicht datest), aber sie sind auch die Typen, die dir nachts im Regen die große Liebe versprechen, nur um dann am nächsten Tag erstmal eine Woche nicht mehr erreichbar zu sein. Sie lieben die Dramatik, übernehmen nur ungerne Verantwortung und hinterlassen meist viel verbannte Erde.

Sie lieben die Dramatik, übernehmen nur ungerne Verantwortung und hinterlassen meist viel verbannte Erde.

Woher ich das weiß? Ich habe Mr. Bigs gedatet. So einige sogar. Ich habe mir mein Herz brechen lassen (und zwar ein paar Mal öfter, als nötig gewesen wäre) und zugesehen, wie exakt das selbe in Grün meinen Freundinnen passierte – also bin ich mir ziemlich sicher, dass es Euch ebenfalls so ging oder vielleicht noch geht.

Das Ding ist doch so: Typen wie Mr. Big sind spannend, gefährlich und nicht nur deshalb so wahnsinnig reizvoll. Sie spielen Spielchen, nach Regeln, die nur sie kennen und eh wir uns versehen, stecken wir auch schon mittendrin. Wir verlieben uns, suchen Ausreden und Erklärungen, wieso er auf die letzte WhatsApp nicht geantwortet hat („Er hat sicher wahnsinnig viel zu tun.“) und haben die naive und trotzdem so so große Hoffnung, dass wir die Frau sein werden, für die er sich ändert.

Was soll ich Euch sagen – ich habe jede Ausrede oder Erklärung dieser Erde durchgespielt, mir Nächte um die Ohren geschlagen für ein kurzes „spontanes“ Date um dann heulend auf dem Bürgersteig vor dem Haus meiner Freundin zu sitzen. Glaubt mir bitte, wenn ich Euch sage, dass ich zu 1000 % verstehe, wieso man einen Mr. Big datet. Aber genau deshalb muss ich das auch jetzt loswerden: Datet Bigs so viel Ihr wollt, aber sucht Euch irgendwann einen Aidan.

Datet Bigs so viel Ihr wollt, aber sucht Euch irgendwann einen Aidan.

Ich hatte so weit ich zurückdenken kann immer ein Beuteschema. Ich war ein sogenannter Arschloch-Magnet. Wie das Licht Motten, zog ich reihenweise Typen an, die mich wahnsinnig toll fanden, mir den Hof machten und mich davon überzeugen wollten, dass sie der Richtige für mich sind. Kaum aber habe ich mich drauf eingelassen, die Zweifel beiseite geschoben und Gefühle entwickelt, wurde aus dem charmanten Typ mit den vielen Versprechungen, ein abweisender, bindungsunfähiger Gefühls-Legastheniker à la „Wie? Beziehung? Also das habe ich ja jetzt gar nicht erwartet, nachdem wir uns monatelang treffen, Sex haben und in der Öffentlichkeit Händchen halten.“ Ich glaube Ihr versteht worauf ich hinauswill.

Während meine Freundinnen ihre ersten Beziehungserfahrungen mit den netten, guten Jungen dieser Welt machten, verliebte ich mich ausschließlich in Typen, die immer ein Aber mitbrachten. Entweder hingen sie noch an ihrer Ex, hatten eigentlich so gar keinen Bock auf Beziehung oder ein anderes Problem, das die Aussicht auf eine Beziehung bereits im Keim erstickte.

Die fanden mich immer gut, weil ich so ein Kumpeltyp bin und nicht auf den Mund gefallen war. So eine zum Pferdestehen eben. Ja, das bin ich, aber das heißt nicht, dass ich keine Gefühle habe oder mir Scheiß-Aktionen nicht weh tun. Nach ein paar Monaten war dann also meist alles wieder vorbei, der Typ weitergezogen zur nächsten Frau und ich saß da mit einem gebrochenen Herzen und immer demselben Spruch auf den Lippen: „Wieso passiert immer mir sowas?“.

„Wieso passiert immer mir sowas?“

Ich war der festen Überzeugung, dass sich alle Arschlöcher der Welt verbündet hatten und mich absichtlich auserwählten, um mir mein kleines Herz zu brechen. Selbstveranwtortung? Fehlanzeige. Das habe ich allerdings erst vor ein paar Jahren erkannt, aber diese Erkenntnis hat dann gesessen. Ich hatte gerade eine weitere sehr ernüchternde Pseudo-Liebschaft mit einem Typen hinter mir, der zwar tausende Kilometer entfernt wohnte, mir aber trotzdem irgendwie weis machen konnte, dass er für mich um die halbe Erde ziehen würde. Surprise, surprise: Ist er natürlich nicht und nach dieser weiteren gescheiterten Romanze, wurde eine Frage in mir immer lauter: Was ist, wenn es gar nicht an den Typen liegt, sondern an mir?

Diese einfache, aber weltverändernde Erkenntnis kam reichlich spät, aber Hauptsache ist, dass sie kam. Also schaute ich mir all die Typen meiner Vergangenheit nochmal etwas genauer an und da fiel mir auf: In ein paar Punkten waren sie sich alle ähnlich. Sie wollten sich eigentlich nicht binden. Es gab sogar einen, der hat mir klipp und klar und vor allem ehrlich von Tag eins an gesagt: „Ich möchte keine Beziehung.“ Aber statt zuzuhören, habe ich mich auf einem Ohr taub gestellt, mich verliebt und war dann Monate später völlig überrascht.

Statt also zuzuhören und seine Vorstellungen mit meinen abzugleichen, habe ich seine Aussagen immer verdrängt und stattdessen geglaubt, dass er seine Meinung mit der Zeit ändern würden. Weil ich ja so toll bin, weil es bei mir anders läuft. Aber das tut es nie. Believe me.

Aber das tut es nie. Believe me.

Das Schlimme an dieser Sorte Mann ist allerdings auch: Man wird sie nur schwer los. Sie kommen immer wieder zurück. Meist dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Ebenfalls eine Parallele zu Sex and The City. Kaum hat Carrie den letzten Knall mit Big verdaut, steht er völlig überraschend vor der Tür. Natürlich in der Limo und mit einem ziemlich coolen Spruch auf den Lippen. So sind sie nämlich, die Bigs – sie wollen sich zwar nicht von dir binden lassen, dich ganz gehen lassen, wollen sie aber auch nicht.

Und wieso habe ich mir dann immer wieder solche Typen ausgesucht? Masochismus vielleicht? Zu einem großen Teil sehr wahrscheinlich. Schließlich sucht man aus Gewohnheit immer das, was man am besten kennt. In der Psychologie gibt es dafür sogar einen Namen – Wiederholung. Und ich kannte eben nur diese Art der Mann-Frau-Beziehung. Behandelte mich also der nächste Typ genauso wie der davor, signalisierte mir mein Hirn: „Hey, super Idee! Das kennst du doch!“

Allerdings denke ich heute, dass es zum gleichen Teil meine eigene Bindungsunfähigkeit war, die mich zu diesen Typen geführt hat. Denn ein Mr. Big kann dir nie wirklich gefährlich werden. Klar, du leidest wie ein Hund wenn es vorbei ist, aber genau dafür lebst du doch. Du suchst das Auf und Ab, die Achterbahn der Emotionen vor dem großen Knall. Ich habe Liebe immer genauso definiert. Es muss knallen, das Herz in die Hose rutschen und ziemlich weh tun, bevor es dann irgendwann gut wird. So wie bei Carrie und Big eben. Erst in der letzten Episode der letzten Staffel finden sie zueinander. Happy End und Abspann bitte.

Genau deshalb hört die Serie doch da auf. Großes Drama, große Versöhnung, große Zukunft? No Way! In der Realität würde Big nämlich wieder Scheiße bauen, Carrie sich bei den Mädels die Augen aus dem Kopf weinen und dann geht das Spiel von Vorne los (Ich lasse die verpatzte Hochzeit und die beiden Filme jetzt bewusst außen vor). Ich kenne höchstens einen Fall, in dem aus einem Big ein Aidan wurde. Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, aber im Grunde muss man es einfach so sagen: Ist erstmal der Wurm drin, sprich: Die Art und Weise des Umgangs oder die Balance der Gefühle stimmt nicht, gibt es auch kaum Chance auf eine rosige Zukunft.

Nachdem mir das klar wurde und ich merkte, dass höchstwahrscheinlich ich es war, die ihr eigenes Liebesleben sabotierte, schaute ich mir die glücklichen Paare in meinem Freundeskreis mal etwas genauer an. Und fand hauptsächlich Aidans an der Seite meiner Freundinnen. Und damit meine ich nicht langweilige, unaufregende Typen mit Bester-Freund-Appeal, sondern Typen, die in ihrer Freundin einen ebenbürtigen Partner sahen. Die die Bereitschaft und Reife für eine Partnerschaft mitbrachten und die vor allem eines waren: verlässlich. Klar knallte es da auch ab und zu und ein Aidan soll kein treu-doofes Schoßhündchen sein, aber er ist jemand, der mit dir zusammensein möchte und dafür tut was nötig ist, als sich bei der ersten Schwierigkeit aus der Affäre zu ziehen.

Und so kam es, dass ich nach 27 Jahren mein Beuteschema durchbrochen habe.

Und so kam es, dass ich nach 27 Jahren mein Beuteschema durchbrochen habe. Eine sehr schlaue Frau hat mir zu diesem Thema mal gesagt: „Wenn du etwas ändern möchtest, dann mach etwas anders.“ Klingt ziemlich logisch, oder? Wenn man also möchte, dass es dieses mal anders wird, dann muss man es auch anders machen. Und so traf ich meinen jetzigen Freund, der definitiv ein Aidan ist. Und das heißt ganz und gar nicht, dass unser Kennenlernen langweilig oder weniger aufregend war. Oder dass da keine großen Gefühle im Spiel sind. Ganz im Gegenteil. Aber ich musste erst lernen, diese als solche zu erkennen, mein Beuteschema zu durchbrechen und zu akzeptieren, dass es auch so gehen kann.

Dass man sich kennenlernt, sich mag, sich verliebt und dann zusammenkommt. Ohne Drama, ohne Zurückweisung, ohne Dinge, die man erst an sich verändern muss, bevor es passt. Ich musste akzeptieren, dass es auch Männer gibt, die mit mir zusammen sein wollen und nicht erst überzeugt werden müssen. Und so habe ich mein Beuteschema geändert. Von Mr. Big zu Aidan.

Rückblickend bin ich übrigens trotzdem sehr dankbar für jeden Big, den ich getroffen habe. Die hat es einfach gebraucht. Durch sie habe ich nämlich gelernt, was ich nicht will, was mich unglücklich macht und was absolute Deal-Breaker in Sachen Beziehung für mich sind. Ich verstehe aber natürlich auch, wieso es für die Serie wichtig war, dass Carrie mit Mr. Big endet. Denn Filme und Serien brauchen Drama, jede Menge davon. Ich für meinen Teil kann darauf inzwischen aber im echten Leben gut verzichten und habe lieber einen Aidan zuhause, der ohne Murren meinen Pakettboden aufpoliert, statt mich vor dem Traualtar sitzen zu lassen.

Ich für meinen Teil kann darauf inzwischen aber im echten Leben gut verzichten und habe lieber einen Aidan zuhause, der ohne Murren meinen Pakettboden aufpoliert, statt mich vor dem Traualtar sitzen zu lassen.

14 Antworten zu “Aidan vs. Mr. Big: Die Sache mit dem Beuteschema”

  1. WOW, wunderschön geschrieben und voll auf den Punkt gebracht. Ich habe relativ schnell für mich immer gesagt, wenn er mich wirklich mag, dann wird er sich von alleine aus melden und mich anrufen etc. Und wenn er das nicht tat, tja dann steht er einfach nicht auf mich. Ich versuche es vielen meiner Freundinnen beizubringen, denn ich finde es hat auch viel mit selbstrespekt zu tun. Wir machen uns so verdammt abhängig von Mr. Bigs, anstatt einfach mal (ich weiß, leichter gesagt als getan) etwas entspannter anzugehen. Wir verkrampfen uns zu sehr auf das „ich habe ihn jetzt kennengelernt, es passt so semi, aber es könnte doch was werden“, aber sollten einfach mehr auf uns hören und vor allem mehr selbstrespekt an den Tag legen. Immer vor Augen halten, wenn er mich nicht 100% will, dann eben nicht!

    • AMEN! Ich habe dafür leider an die 15 Jahre gebraucht, aber besser spät als nie. Es ist so schwer sich selbst gute Ratschläge zu geben, während man in einer solchen Situation steckt, aber dafür hat man ja auch irgendwie seine Freundinnen, die einem ehrlich die Meinung sagen sollten. Auch wenn man dann nicht sofort drauf hört oder den Typen abserviert – es bleibt doch hängen! Aber ich denke auch, dass es etwas mit dem Alter zu tun hat. Man muss erst selbst wissen wer man ist und was man will, bevor man das auch ausstrahlen kann! xxx

  2. Super geschrieben!
    Wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich einen Typen in keines der beiden Schemata einordnen kann haha. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist?
    Egal, welcher es am Ende wird, das Wichtigste ist tatsächlich, sich selbst erst einmal kennen zu lernen, zu wissen, was man will und was man nicht will und auch zu sehen, ob man selbst diejenige ist, die einfach nicht ehrlich zu sich ist.

    • Da hast du total recht! Es gibt natürlich noch mehr als Aidan und Big, aber die beiden sind so wunderbare Stereotypen, dass sie zur Einordnung wunderbar passen 🙂

  3. Wow, ganz toller Artikel! Du sprichst mir aus der Seele, ich musste auch erst einige Bigs kennen lernen, Erfahrungen machen um dann Schluss und endlich sagen zu können: das will ich nicht mehr. Dafür habe ich keine Zeit und will meine wertvolle Energie nicht verschwenden, auch wenn das jetzt ziemlich rational klingt, habe ich es Gott sei dank irgendwann so gesehen.

    Aber ich habe so viel gelernt dadurch und weiß, dass ich jetzt mit meinem Aidan für immer glücklich sein werde, weil er genau das Gegenteil von dem ist, was ich zum Schluss einfach nicht mehr sehen, bzw. ertragen konnte.

    Erst durch alle Bigs habe ich das schätzen gelernt und vielleicht vorher nicht erkannt.

    Liebe Grüße von Mealove.blog

  4. Auch wenn ich Carrie Bradshaw für nicht besonders realistisch halte, finde ich deinen Artikel super geschrieben und sehr interessant! Wie schön, dass du deinen Leser*innen auch Einblick in deine Gefühlswelt gibst – ich finde gerade diese persönliche Ebene besonders reizvoll an Blogs. Bei mir ist es zur Zeit interessanterweise gerade umgekehrt: Ich war sehr sehr lange mit einem Aidan zusammen, was dann leider dieses Frühjahr zu Ende gegangen ist. Nun finde ich den Gedanken an einen (oder mehrere) Mr. Bigs recht reizvoll, als Ablenkung mit kalkulierbarem Risiko sozusagen. Keine Ahnung ob das sehr schlau ist, aber im Moment versuche ich einfach das zu machen, wonach mir ist.
    Es freut mich sehr, dass es dir in deiner jetzigen Beziehung so gut geht und du deine Dating-Vergangenheit mit etwas Abstand und neu gewonnener Klarheit anschauen kannst.
    Einmal wieder: grosse Karo-Liebe!

    • Aww, vielen Dank liebe Sandra!!!
      Und: Bigs zu daten ist super! Solange man eben weiß, was man von ihnen erwarten kann. Ich kann absolut verstehen, dass du nach einer langen Beziehung Lust auf Aufregung und ein bisschen Drama hast, also: Genieß es!
      Allerliebst, Karo

  5. Einfach wahnsinnig gut geschrieben und noch dazu so wahr! Ich habe mich selber erkannt und hatte diesen Fehler leider auch schon gemacht. Aber Gott sei dank auch mal aus meinen Fehlern gelernt 🙂 trotzdem immer wieder ein spannendes Thema.

  6. Einfach toll geschrieben! Vielen Dank für diesen Artikel! Sie haben absolut recht.

    Ich mag diese Serie so sehr! Ich habe auch einige Mr. Bigs getroffen und jetzt bin ich so froh, dass ich ein Aidan zuhause habe.

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