Glykation: Wenn die Haut verzuckert

Glykation: Verzuckerung der Haut

Zucker: Nervennahrung, Geschmacksträger, Droge. Ein Leben ohne Zucker ist in meinen Augen nicht nur ziemlich langweilig, sondern auch so gut wie unmöglich, da er in fast allen Lebensmitteln steckt. Manchmal ganz offensichtlich (Stichwort Süßigkeiten), manchmal aber eben auch versteckt, wie in Gurken aus dem Glas, Obst oder Smoothies.

Wer aber bisher dachte, dass der eigene Zuckerkonsum nur bei Themen wie Diabetes, Insulinresistenz oder Gewichtszu- oder -abnahme relevant wird, der irrt gewaltig. Denn sehen wir mal ganz davon ab, dass Zucker eine große Rolle bei der allgemeinen Gesundheit spielt, was uns sicher alle wenig überrascht, so ist es vielleicht umso überraschender, welche Rolle Glukose & Co. in Sachen Anti-Ageing oder Hautgesundheit spielen.

Denn ein Stichwort ist mir bei meiner Recherche nach News und Innovationen im Bereich Kosmetik und Dermatologie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder untergekommen: Die Glykation oder die Verzuckerung der Haut.

Ja, ihr habt richtig gehört: Unsere Haut kann verzuckern – und das ist in Wahrheit weniger süß, als es klingt. Falten, Elastizitätsverlust, Gefäßveränderungen – all das kann übermäßiger Zuckerkonsum zur Folge haben.

Wie das alles aber nun zusammenhängt, was da genau in unserer Haut passiert und vor allem, was man dagegen tun kann, darum soll es heute gehen. Dazu habe ich mir, wie immer bei den eher deepen und komplexen Themen in Sachen Skincare, die beste Unterstützung geholt, die es gibt. Ich habe Dr. Sabine Gütt, promovierte Kosmetolgin und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Reviderm, nach allen Fakten zum Thema Glykation gefragt. Los gehts…

Glykation: Das sagt die Expertin

Frollein Herr: Frau Dr. Gütt, was ist gemeint, wenn in der Dermatologie von der Verzuckerung der Haut gesprochen wird?

Dr. Sabine Gütt: Glykation oder Glykierung ist die irreversible Reaktion von Proteinen, Lipiden oder Nukleinsäuren mit reduzierten Zuckern wie Fruktose, Galaktose oder Glukose. Dabei entstehen Reaktionsprodukte, die man Advanced Glycation Endproducts nennt, abgekürzt AGEs.

Vereinfacht gesagt handelt es sich um die „Verzuckerung“ oder „Karamellisierung“ der Gewebefasern unserer Haut. Dieses Phänomen wird durch bestimmte Zuckerarten hervorgerufen – dazu zählen beispielsweise Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose).

F.H.: Welche Vorgänge passieren hier genau in unserer Haut und was ist das Ergebnis?

Dr. S.G.: Reagieren die Einfach- und Zweifachzucker (Mono- und Disaccharide) chemisch mit Eiweißen (Proteinen), so führt dies über einen mehrstufigen Prozess zu vorzeitigen Verzuckerungsendprodukten. Dieser Prozess kann Tage, Wochen oder Jahre dauern. Sauerstoff und Sauerstoff-Radikale beschleunigen diesen Prozess – sie sind Trigger.

Zur Vereinfachung ein Bild: Ist beispielsweise Fruchtzucker im Übermaß im Körper und in der Haut vorhanden, so „küsst“ er seinen Liebling, das Kollagen und lässt die Lippen seines Partners nicht mehr los. Hängen viele kleine dieser Zuckermoleküle fortan an den Kollagensträngen, erstarrt das Kollagen. Die Folgen: Die Haut wird unelastisch, bekommt quervernetzte Falten, brüchige Gefäße und einen Gelbstich (yellow skin).

F.H.: Gibt es abseits der Ernährung noch andere Faktoren, die die Verzuckerung begünstigen?

Dr. S.G.: Bei der Glykation unterscheidet man zwischen der endogenen und exogenen Verzuckerung. 
Je mehr Zucker wir über die Nahrung aufnehmen, desto mehr Glykations-Endprodukte bildet der Körper. Essen wir gebratene, gegrillte oder gebackene Lebensmittel, nehmen wir diese Endprodukte sogar direkt zu uns – sie sind in der braunen Kruste enthalten, die beim Erhitzen der Lebensmittel entsteht.

Die exogene Glykation findet bei der Zubereitung von Mahlzeiten statt, zum Beispiel bei der Herstellung von Karamell. Dabei werden Zucker und seine Proteine bei Temperaturen von über 120 °C verkocht. Das Produkt ist Advanced Glycation Endproduct (AGE). In der Lebensmittelindustrie repräsentieren sie die Geschmacksverstärker. Der AGE-Gehalt von Lebensmitteln ist sehr unterschiedlich. 

Während die exogene Glykation außerhalb des Körpers stattfindet, spielt sich die endogene Glykation in unserem Körper ab, besonders im Blutkreislauf. Bei diesem Prozess reagieren Glukose, Fructose und Galaktose mit körpereigenen Proteinen. Dies geschieht jedoch unkontrolliert ohne die Beteiligung von Enzymen. Lagern sich die hierbei entstandenen AGEs über einen längeren Zeitraum ein, könnten vor allem in Verbindung mit einem erhöhten Blutzuckerwert Gewebe und Zellen geschädigt werden. Je nachdem wie oft und wie viel Zucker wir zu uns nehmen, ist die Glykation unserer Haut stärker oder schwächer. 

Hier einige Beispiele von Lebensmitteln, die man nur in Maßen genießen sollte: Süßigkeiten, Softgetränke, Alkohol (z.B. Wein), gebratene, gegrillte oder gebackene Mahlzeiten (da in der braunen Kruste Glykation-fördernde Stoffe enthalten sind), Lebensmittel mit viel Glukose oder Fruktose (auch Obst, Smoothies und Gemüsesorten enthalten Zucker) und Fertiggerichte mit verstecktem Zucker.

F.H.: Welche Rolle spielt die Glykation beim Alterungsprozess?

Dr. S.G.: Die Verzuckerung ist etwa ab dem 30. Lebensjahr einer der Hauptursachen intrinsischer Hautalterung. Darunter verstehen wir die Form der Hautalterung, die durch innere Faktoren und nicht durch äußere Einflüsse (Luftverschmutzung, Ultraviolette Strahlung etc.) ausgelöst wird. Die Glykierung spielt eine tragende Rolle, wenn wir älter werden!

F.H.: Ernährungstechnisch ist wahrscheinlich klar, wie die Glykation verhindert werden kann. Da führt wohl kein Weg an der Zuckerreduktion vorbei. Aber kann ich auch in Sachen Hautpflege etwas dagegen tun?

Dr. S.G.: Kosmetische Gegenmaßnahmen sind 1. ein regelmäßiger und ausreichende Lichtschutz, der der Entstehung von reaktiven Sauerstoffradikalen, den Trägern der Verzuckerungsreaktion, vorbeugt, 2. die Verwendung von Antioxidantien, welche eben jene Sauerstoffradikale neutralisieren und 3. Di-Peptide als Reaktionspartner („Eiweiß-Kuss-Alternative“ für den Zucker) zum Schutz des Kollagens.

Geeignete Wirkstoffe sind z.B. Carnosin (ein Dipeptid aus den Aminosäuren Alanin und Histidin), Prunus Mume Fruit Extract (ein Extrakt aus japanischer Aprikose), oligomere Procyanidine (OPC) aus der französischen Seekiefernrinde oder aus Traubenkernen).

Sonstige Maßnahmen, die helfen, den Blutzuckerspiegel zu senken wie z.B. Sport, oder die Aufnahme von Zwiebeln, Heidelbeeren, Chili, Nüsse und Hafer und lieber kochen und dünsten, statt braten und frittieren.

F.H.: Lässt sich die Verzuckerung denn auch wieder rückgängig machen?

Dr. S.G.: Die durch Glykation verursachte Hautalterung kann nach heutigem Wissensstand der Forschung nicht rückgängig gemacht werden. Der Prozess ist irreversibel. Wer seine Haut also möglichst lange jung und strahlend erhalten möchte, sollte früh auf die richtige Ernährung und präventive Gesichtspflege achten. 

Aktuell laufen Versuche, über präparative und/oder Beauty Technologien die Neosynthese im Fibroblasten gezielt anzukurbeln, um über die Neuproduktion und Ausschleusung von Proteinen in den Extrazellularraum den Abbau von altem (bereits verzuckerten) Eiweißmaterial zu forcieren. 

Glykation: Mein Fazit

Dass wir unserer Haut nicht gerade etwas Gutes tun, wenn wir übermäßig viel Zucker zu uns nehmen, war uns wahrscheinlich allen längst klar. Überraschend für mich ist aber der Fakt, dass Zucker nicht nur ein Thema in Sachen Gewicht, Fitness und allgemeiner Gesundheit spielt, sondern auch in direktem Zusammenhang zur Hautalterung und Hautgesundheit steht. Das verdirbt Zucker-Suchtis wie mir selbstverständlich erstmal die Laune. Aber: Je mehr Insights und wissenschaftliche Belege es für solch schädliche Gewohnheiten gibt, desto größer wird doch die Motivation etwas zu ändern.

Besonders spannend finde ich den Fakt, dass Gebratenes schädlicher ist, als Gekochtes oder Gedünstetes. Da kann man doch easy ansetzen. Und auch die Wirkung von potenten Antioxidantien in Nahrung oder Hautpflege ist ein leicht umsetzbarer Hebel, der Verzuckerung der Haut entgegen zu wirken. Ein Produkt, das mir neulich ins Haus geflattert ist und das sich ganz direkt der Glykation annimmt, ist das „Anti Glycation OPC Concentrate“ von Reviderm. Das ist nach meinem Interview mit Frau Dr. Gütt übrigens direkt in meinen Badschrank gewandert und wird umgehend getestet. Denn auch wenn ich sicherlich niemals ganz die Finger von Candy & Co. lassen werde, ist mir meine Gesundheit (sowohl allgemein, als auch die Hautgesundheit im Speziellen) natürlich ein großes Anliegen und das Thema Verzuckerung ein guter Reminder daran, dass wir dabei ziemlich viel selbst in der Hand haben. Wie immer heißt es auch in Sachen Zucker: Die Dosis macht das Gift.

Also ab jetzt vielleicht lieber weniger braten und mehr dünsten, hier und da auf versteckten Zucker achten und mit Antioxidantien und gegensteuern. Dann richten Sahnetorte & Co. auch nicht allzu viel Schaden an.

3 Antworten zu “Glykation: Wenn die Haut verzuckert”

  1. Ich nehme seit März 2023 Kollagen. Außerdem Nasche ich sehr gern. Nun habe ich starke Muskelschmerzen und die Gelenke schmerzen. Kann es damit zusammenhängen das ich Kollagen und viel nasche.

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