#blacklivesmatter und wieso es so wichtig ist, die eigene Angst vor der Rassismus-Debatte zu überwinden…

Beauty, Mode, die ein oder andere sozialkritische Kolumne – das ist Frollein Herr. Aber Politik? Rassismus? Themen, die das Potential haben wirklich weh zu tun? Die fanden hier bisher nicht statt. Nicht etwa, weil ich nicht politisch bin oder mich diese Themen nicht interessieren oder beschäftigen, sondern weil ich mich schlicht und einfach viel zu oft, viel zu uninformiert fühle, um durch einen Blogpost eine Diskussion zu eröffnen. Von Anfang an war es mir hier wichtig, über meine Gedanken zu schreiben, meine Erfahrungen, Dinge und Themen zu behandeln, die ich selbst erlebt habe und deshalb auch aus meiner Sicht betrachten kann. Meine Bedenken bei Themen, die über meine eigenen Gefühle hinausgehen:

„Was, wenn mich jemand kritisiert?“ „Was, wenn ich einen Shitstorm ernte?“ „Was, wenn ich mich damit unbeliebt mache?“

Ja, ich gebe zu, dass mich meine Angst vor Kritik oder dem Aufzeigen meines eigenen Unwissens bisher vom Verfassen eines Textes zu bestimmten Themen zurückgehalten hat und ich das Feld lieber informierteren Blogs wie amazedmag oder This is Jane Wayne überlassen habe. Das war zwar wohl überlegt und gut gemeint, aber auch sehr bequem. Die vergangenen Tage aber haben einiges in mir ins Rollen gebracht. Mir vielleicht den Arschtritt gegeben, den ich gebraucht habe. Ich habe mich, so intensiv wie mir möglich, mit den Geschehnissen um den Mord an George Floyd, den anhaltenden globalen Protesten und der nie verschwundenen, aber aufgrund der aktuellen Geschehnisse so präsenten Rassismus-Debatte auseinandergesetzt und zwei sehr wichtige Erkenntnisse, für mich als weiße Person, die Teil dieser Diskussion sein möchte, gewonnen:

1. Es geht nicht um mich!

2. Ja, es darf unangenehm sein!

https://www.instagram.com/p/CA8F6Exi1Yh/

Beim strukturellen Rassismus geht es nicht darum, wie weiße Menschen sich fühlen – in diesem Fall ich. Es geht nicht darum, ob ich aktiv oder offen rassistisch bin oder handle. Es geht darum, anzuerkennen, dass Rassismus existiert und dass ich, auch wenn ich ihn nicht erfahre oder aktiv unterstütze, Teil eines Systems bin, das in seinen Strukturen rassistisch ist. Es geht nicht um meine Gefühle, nicht darum, ob ich finde, dass etwas rassistisch ist oder ich dies oder jenes rassistisch gemeint habe. Es geht darum, dass ich erkenne, welchen Part ICH spiele, meine Privilegien zu erkennen, zurückzutreten, zuzuhören und zu lernen. Dass ich mich mit Wahrheiten auseinandersetze, statt sie zu ignorieren, dass ich reflektiere und mir selbst unangenehme Fragen stelle und zugebe, dass auch ich nicht frei von Rassismus bin – denn das sind wir alle nicht. Selbst wenn wir das nur allzu gerne glauben möchten.

Auch ich habe bisher immer gedacht, dass es reichen würde, explizit nicht rassistisch zu sein und Rassisten oder rassistisches Verhalten zu verurteilen. Ich tue ja schließlich niemandem was, was kann ich damit also falsch machen? Weit gefehlt, liebe Karo.

Aber das ist, wie gesagt, eine Erkenntnis, zu der ich erst kommen musste. Denn im Gegensatz zu vielen anderen politischen Themen, ist die Angst davor, sich durch Unwissen angreifbar zu machen, weil man vielleicht nicht 80 Bücher dazu gelesen hat, manche Fremdworte oder Prinzipien nicht versteht, kein Grund, nicht an der Debatte teilzuhaben. Beim Thema Rassismus geht es nicht primär um Politik, sondern um Menschlichkeit. Wenn ich bei einem wirtschaftspolitischen Thema die Klappe halte, weil ich keine Ahnung habe, wovon da eigentlich geredet wird, ok. Aber hier geht es nicht vorrangig um Wissen. Hier geht es um eine Positionierung.

https://www.instagram.com/p/CA8pFrZqTpB/

Wozu weiße Menschen in solchen Debatten schnell neigen ist sich zu rechtfertigen. Zu erklären wieso sie sich so oder so verhalten, zu beweisen, dass sie nicht rassistisch sind. Als wäre der Fakt, nicht rassistisch zu sein, irgendeinen Preis wert. Und dabei machen sie das Ganze (ungewollt) oft noch schlimmer. In den letzten Tagen habe ich mir einige IG-Posts von großen und kleinen InfluencerInnen angesehen, die sich zur aktuellen Debatte positioniert haben. Den meisten unterstelle ich an dieser Stelle jetzt einfach mal eine gute Intention – die Umsetzung ließ allerdings oft zu wünschen übrig. Aber aus Fehlern kann man ja bekanntlich lernen. Und das ist absolut keine Schande. Und auch bei den schwarzen Kacheln am #blackouttuesday reichten die Kommentare von BIPOC unter den Posts (je nach Account) von Zustimmung und Unterstützung bis zu Enttäuschung und Wut. Die Klischee-Antwort eines Weißen darauf: „Aber ich habe es doch gut gemeint.“ und genau das, nehme ich den meisten auch ab. Womit wir wieder bei meinen beiden Lektionen wären: 1. Es geht nicht um dich! Und 2. Ja, es darf unangenehm sein!

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Also zurücktreten, zuhören, aus Fehlern lernen und es beim nächsten Mal besser machen.

https://www.instagram.com/p/CA-N-aXogeK/

Ok, aber wie dann verhalten? Damit wären wir an dem Punkt, an dem auch ich heute stehe und eine perfekte Antwort habe ich leider nicht. Weil ich neu in dieser Debatte bin. Weil ich vieles noch nicht weiß, weil ich lesen und lernen muss, um mich mit den komplexen Strukturen des Systems zu beschäftigen, in dem ich lebe und weil es mit einer schwarzen Kachel im Feed nicht getan ist. Und dieser Weg darf, kann und muss vielleicht sogar unangenehm sein. Es darf weh tun.

Ja, ich habe Angst etwas Falsches zu sagen, etwas nicht zu wissen oder Kritik zu ernten. Ich habe Angst jemanden zu verletzen, die falschen Worte zu wählen oder in eben jene Erklärungsnot zu geraten, die weiße Menschen oft empfinden, sobald sie sich zu diesem Thema fehlerhaft äußern. Aber wisst ihr was? Wenn das hilft, dass ich dazulerne, mein Handeln erkennen und gegebenenfalls anpassen kann, dann bitte. Wenn das der Preis ist, den ich im schlimmsten Fall zahlen muss, dann bin ich bereit ihn zu zahlen.

https://www.instagram.com/p/CA8iRtwB_Ae/

Ich brauche Harmonie um zu funktionieren und Frollein Herr ist mein Ort, an dem ich mich gerne mit den Themen beschäftige, die mir gut tun, mein Herz leicht werden lassen und die mich gleichzeitig auch wenig angreifbar machen. Das wird sich nicht grundlegend ändern und ich bin auch der Meinung, dass die eigenen Schritte und Veränderungen, die man selbst gegen Rassismus tut, nicht unbedingt in den sozialen Medien oder auf Blogs belegt, bewiesen und dokumentiert werden müssen. Ich kann debattieren, mich weiterbilden, Leute auf das Thema aufmerksam machen, ohne mich selbst dabei in den Vordergrund zu stellen. Denn, wie gesagt, hier geht es ausnahmsweise mal nicht um mich. Und nur, weil ich bisher nicht aktiv an dieser Debatte teilgenommen habe, heißt es nicht, dass ich auch zukünftig nicht daran teilnehmen kann. Ich will lernen, ich bin bereit. Ohne belehrend klingen zu wollen, lautet mein Appell heute:

„Don’t be afraid to join now!“

Denn falls ihr, genau wie ich, vielleicht erst spät zu dieser Debatte stoßt, Euch die Geschehnisse der letzten Tage und Wochen aufgerüttelt haben, ihr durch Instagram & Co. mit einem Themenfeld konfrontiert wurdet, das bisher kein Teil Eurer persönlichen Lebensrealität war, dann habt bitte keine Angst. Habt keine Angst der Diskussion jetzt beizutreten, auch, wenn ihr etwas nicht wisst oder befürchtet etwas Falsches zu sagen oder zu denken. Denn eines ist klar: Wir alle haben Fehler und wir alle machen welche – und vielleicht werden wir, alle gemeinsam, durch diese Debatte mit ihnen konfrontiert. Aber das müssen wir jetzt aushalten. Es geht nicht um uns und es darf, kann oder muss vielleicht sogar weh tun.

8 Antworten zu “#blacklivesmatter und wieso es so wichtig ist, die eigene Angst vor der Rassismus-Debatte zu überwinden…”

  1. Karo ich bin so unglaublich froh, dass du das Thema hier auf deinem Blog ansprichst und deine Reichweite nutzt. Du bringst es so auf den Punkt: auch wenn du Angst hast, etwas falsches zu sagen, kannst du nur dazulernen, wenn du darauf aufmerksam gemacht wirst. Ich bin froh, dass diese Angst dich nicht zurückgehalten hat, dich dazu zu äußern und hoffentlich andere Menschen zu inspirieren! DANKE!

    • Liebe Hannah, DANKE für deine lieben Worte und auch das Verständnis, dass es erst die Selbstreflexion braucht, um manche blinden Flecken zu sehen. Wie ich schon im Artikel sage, heißt das nicht, dass ich jeden Schritt, jede Veränderung mitteilen muss, aber die Erkenntnisse, die mir geholfen haben, können ganz sicher auch anderen helfen. Alles Liebe für dich, K.

  2. Liebe Karo, ich finde es toll, was du hier machst. Sich selbst einen Ort zu schaffen, an dem man sich mit den Themen beschäftigt, die einem das Herz leicht werden lassen, ist völlig legitim und auch schöne Themen haben ihre Daseinsberechtigung und sind auf ihre Art wichtig. Aber ich finds mutig, dass du dich mit dem Post aus deiner Komfortzone herausgetraut hast. Und es ist, wie du schreibst: Man sollte keine Angst haben, der Diskussion jetzt beizutreten, weil man noch viel lernen muss.

    • Vielen, vielen Dank für deine lieben und verständnisvollen Worte. Ich will in keinem Fall eine Geschichte à la „ich habe es schwer“ erzählen und genau das habe ich hoffentlich auch klar machen können. Dennoch sehe und spüre ich den Need da draußen, dass dieses Thema auch in vermeintlich „sicheren“ und „angenehmen“ Räumen Gehör findet und es war mir ein persönliches Bedürfnis, dem nachzukommen. Ich habe noch SEHR viel zu lernen, aber der erste Schritt ist bekanntlich immer der schwerste.

  3. Toller Post, du sprichst mir aus der Seele <3
    Respekt daran dass du dich getraut hast dieses Thema anzusprechen, man merkt deutlich wie viel Herzblut in diesen Post geflossen ist!
    Vielen herzlichen Dank dafür!

    • Danke dir von Herzen.. Ich bin sehr froh, dass ich für viele hier die richtigen Worte gefunden habe, aber auch, dass das Gesagte tatsächlich ankommt <3

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