Hallo 2020: Was kommt? Was bleibt? Was geht?

Hallo 2020

Ich bin kein großer Fan von guten Vorsätzen fürs neue Jahr, vor Emotionen triefenden Jahresrückblicken oder der Endzeitstimmung, die der Jahreswechsel für gewöhnlich mit sich bringt – so als würden wir und unser Leben über Nacht irgendwie anders werden. Wovon ich allerdings sehr großer Fan bin, ist persönliches Wachstum, Erkennen und Identifizieren von Mustern und der Wille zur Veränderung, was die eigene Person betrifft. Ein neues Jahr – und in diesem Fall sogar eine neue Dekade – ist mit Sicherheit kein wundersamer Heilsbringer für all das, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist. Nur weil wir plötzlich eine 2 dort einbauen, wo in den letzten Jahren immer eine 1 stand, fällt die persönliche Entwicklung nicht magischerweise leichter, aber so ein unbeschriebenes Blatt kann motivieren, ein wenig Klarheit in verworrene Emotionen oder Zusammenhänge bringen oder einfach eine willkommene Ausrede sein, um dem manchmal so lähmendem Alltagstrott ein wenig Paroli zu bieten.

Und deshalb habe natürlich auch ich mir Gedanken gemacht, wo ich stehe, was ich mir wünsche und was ich tun muss, um mich beruflich und persönlich dahin zu entwickeln, wo ich mich gerne sehen würde.

Veränderung ist nicht leicht! Oh – sowas von gar nicht leicht. Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, sehe ich einen Haufen schmerzhafter Veränderungen, die mich jede Menge Schweiß, Tränen und mentale Muskelkraft gekostet haben. Von meiner Kündigung und der Selbstständigkeit, über die erste wirklich feste Beziehung, bis zu familiären Veränderungen – all das hat Kraft gekostet. Kraft, von der ich vorher gar nicht wusste, dass ich sie habe und Kraft, die ich zu Beginn nicht willens war aufzubringen. Aber gegen das Leben kann man sich nicht wehren und so hilft auch alles Sträuben und aller Widerstand nichts und es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns in Akzeptanz zu üben und das anzunehmen lernen, das sich nicht ändern lässt. 
 
Wenn ich an meine Jugend zurückdenke, an die Vorstellungen und Erwartungen, die ich vom Leben hatte, würde ich meinem jüngeren Ich gerne mütterlich auf die Schulter klopfen und sagen: „Oh, du hast keine Ahnung!“ Und wisst Ihr was? Das ist auch gut so! Das Leben hält so viel für uns bereit – Gutes, wie Schlechtes und es ist ein echter Segen, dass wir nicht wissen, was da alles auf uns zukommt. Wüssten wir das nämlich vorher, würden wir höchstwahrscheinlich ängstlich und voller böser Vorahnungen durchs Leben stolpern, in der ständigen Angst vor dem metaphorischen Klavier, das uns vom Himmel auf den Kopf fällt.
 

Und genau deshalb bin ich die Letzte, die zum Jahresbeginn auf ein großartiges, glückseliges 2020 hofft – nein, ich mache mich bereit für all die Unwägbarkeiten, aber auch die unerwarteten Glücksmomente, die das Leben so für mich bereithält.

Aber werden wir doch mal etwas konkreter! Was meinen Job angeht, möchte ich vor allem eines lernen: Geduld, innere Ruhe und den Glauben an mich selbst. Blicke ich nämlich auf die letzten zwei Jahre meiner Selbstständigkeit zurück, muss ich sagen, dass ich meine Erfolge selbst nie so recht gesehen und gefeiert habe und mich stattdessen auf die Punkte konzentriert habe, die noch nicht so gut liefen. Das ist zwar menschlich und wird voraussichtlich auch immer ein wenig so bleiben, aber gleichzeitig raubt dieser Mindset auch jede Menge Energie und ist schlicht und einfach sehr einseitig. Läuft etwas schlecht, stürze ich mich wie ein Aasgeier auf meine Fehltritte, Niederlagen oder Rückschläge. Läuft aber etwas gut, nicke ich nur kurz und mache mental ein kleines Häkchen neben die Sache. Selbstsabotage nennt sich das. Denn wie es in der Selbstständigkeit nun mal ist, muss man ein strenger, aber auch lobender Chef für sich selbst sein. Man muss rügen und ermahnen können, man muss aber auch dringend Lob aussprechen und die Leine locker lassen können. Und genau das ist es, woran ich dieses Jahr arbeiten möchte:

Ein wenig mehr Leine lassen, ein wenig mehr Nachsicht und Liebe für mich übrig haben und ein guter Chef sein.

Was mein Privatleben und vor allem mein Beziehungs-Ich angeht, möchte ich dieses Jahr daran arbeiten, nicht mehr so egoistisch zu sein. Denn das, was ich für mein Berufsleben dringend brauche, führt in meinem Liebesleben oft zu Konflikten. Durch mein langes Single-Dasein und die ein oder andere Geschichte in meiner Vergangenheit, bin ich zu einem ziemlichen Einzelkämpfer geworden, dem sein persönlicher Raum heilig ist. Jeder, der schon mal eine schwierige Trennung oder ein anderes einschneidendes Erlebnis hinter sich gebracht hat, weiß, dass dieses Insel-Dasein manchmal das einzige ist, dass einen durch eine schwere Zeit bringt. Ganz nach dem Motto „Wenn keiner für mich sorgt, mache ich es eben selber!“ Jetzt aber, als Teil einer Beziehung, muss ich darauf achten, mich nicht mehr ausschließlich als Einzelkämpfer, sondern als Teil eines Teams zu begreifen – und das fällt mir nach wie vor immer noch sehr schwer.

Liebe will gelernt sein. Und Selbstliebe ebenfalls.

Und genau deshalb möchte ich das Jahr 2020 bewusst als weiteres Lehrjahr begreifen. Nicht als das Jahr, in dem all meine kühnsten Träume und Wünsche in Erfüllung gehen oder in dem, wie im Märchen von Frau Holle, der verdiente Goldregen auf mich niederprasselt. Dafür bin ich wohl zu sehr ein gebranntes Kind und auch zu zynisch veranlagt. Aber ich glaube nach wie vor an die Fähigkeit zur persönlichen Entwicklung, an die eigenen, noch unentdeckten Kraftreserven und an die Lernfähigkeit, die wir alle in uns tragen, wenn wir sie nur finden möchten. Ich freue mich auf 2020, auf die Herausforderungen und Steine, die es mir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Weg schmeißen wird. Und ich freue mich darauf, einen Weg zu finden, über diese Steine drüber zu klettern und zu erkennen, dass ich das gemeistert habe. Denn wenn wir mal ehrlich sind, sind Glück oder auch Erfolg, nichts Festes oder Statisches, sondern etwas, das der konstanten Veränderung unterliegt. Und deshalb möchte ich weiterhin lernen, flexibel bleiben und kleine Erfolge feiern – auch wenn ich zunächst nicht verstehe, wofür die Dinge noch gut sein sollen.

Was also kommt? Was also geht? Und was also bleibt?

Innere Gelassenheit und Kompromissbereitschaft wären mir sehr willkommen, von Strenge, Zwang und Ängsten würde ich mich gerne trennen und der Wille zum persönlichen Wachstum darf gerne bleiben. Inwieweit ein Jahr hier den Unterschied macht, kann ich jetzt weder ahnen, noch vermuten. Aber alleine die weiße Weste, das unbeschriebene Blatt der ersten Januartage, lässt mich doch sehr optimistisch sein.

2020, I’m ready!

Foto im Header: Eileen Jordan

 

3 Antworten zu “Hallo 2020: Was kommt? Was bleibt? Was geht?”

  1. Wie immer wunderschön und lebendig geschrieben. Möge 2020 ein Jahr mit Tief- und Höhepunkten sein, dass schlussendlich von letzterem überstrahlt wird.

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