Das Hautmikrobiom: Unser unsichtbarer Schutzschild

Das Hautmikrobiom

M i k r o b i o m – gehört haben wir dieses Wort sicher alle schon mal. Aber so richtig verstanden worum es hier geht? Hmmm…

Darmgesundheit, unnötige Antibiotikagabe & Co.: In den vergangenen Jahren schien das Wort Mikrobiom in aller Munde. Ob in einschlägigen Frauenmagazinen, Büchern oder der Fachpresse las man von Keimen, Viren und einer gestörten Flora – aber so richtig greifbar wurde das Thema für mich persönlich nie. Viel zu wissenschaftlich, viel zu theoretisch. Bis ich vor ein paar Jahren nach zu vielen Antibiotika (Danke, Blasenentzündungen!) am eigenen Leib zu spüren bekam, was so eine gestörte Darmflora alles anrichten kann.

Seit einiger Zeit rückt beim Thema Mikrobiom neben der Darmgesundheit aber noch ein weiterer Aspekt in den Fokus von Forschung und Presse: Die Hautgesundheit. Denn auch hier spielen Keime, Viren und Bakterien eine maßgebliche Rolle – auch wenn die Forschung hier lange noch nicht so weit ist, wie beim Thema Darm. Spätestens seit meiner Perioralen Dermatitis, den vielen Hautarztbesuchen und einem gesteigerten Interesse an meiner Haut, das über den Kauf der neusten und exklusivsten Beautyprodukte hinausgeht, habe ich mich in der letzten Zeit verstärkt versucht schlau zu machen und das komplexe Thema Hautmikrobiom zu verstehen.

Nach zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln, Gesprächen mit Dermatologen und Kosmetikfirmen, möchte Ich deshalb heute mein Bestes geben, Euch die Thematik näherzubringen. Hilfe dabei bekomme ich von Dr. med. Christian Merkel, Dermatologe, Allergologe und Ernährungsmediziner des Haut- und Laserzentrums an der Oper in München, der mir hierzu Rede und Antwort stand.

Was ist das Hautmikrobiom eigentlich?

Genau wie der Darm, wird auch unsere Haut von unzähligen Keimen, Viren und Bakterien besiedelt. Diese Mikroorganismen werden Mikrobiom genannt. Ein Quadratzentimeter Haut wird von circa einer Million dieser Mikroorganismen bewohnt, die gemeinsam mit der Hautbarriere einen unsichtbaren Schutzschild gegen Angriffe von außen bilden. Ein gestörter Keimcocktail, also ein Mikrobiom, das aus der Balance geraten ist, kann seinen Job nicht mehr ordentlich erfüllen und die Hautgesundheit gerät in Gefahr.

Besonders interessant ist hier, dass jedes Areal unseres Körpers von anderen Keimcocktails bewohnt wird. So unterscheidet man z.B. zwischen feuchten, trockenen oder fettigen Arealen. „Die Besiedelung unterscheidet sich vor allem durch die Menge der Bakterien, so ist z.B. der Nasenbereich mit deutlich mehr Bakterien besiedelt, als der Unterarm. In Folge dessen ergibt sich auch ein anderer Pflegebedarf der verschiedenen Region.“, erklärt Dr. Merkel. Aber nicht nur die unterschiedlichen Körperregionen weisen eine spezielle Besiedelung auf, auch der Mensch im Ganzen hat einen individuellen mikrobiellen Fingerabdruck, der ihn grundlegend von seinem Nebenmann unterscheidet.

Wie entsteht das Mikrobiom?

Hier spielt schon die Geburt eine wichtige Rolle. Ein Baby, das auf natürlichem Weg geboren wird, kommt als erstes mit der Vaginalflora seiner Mutter in Berührung, wohingegen ein Kind, das per Kaiserschnitt zur Welt kommt, als erstes mit den Keimen der Umwelt in Kontakt gerät. So wird also der Grundstein für das individuelle Mikrobiom gelegt. Da ist aber noch lange nicht Schluss. Im Laufe des Lebens verändert sich das Mikrobiom, also der Keimcocktail immer weiter: „Das Mikrobiom ändert sich eigentlich täglich, da die Bakterienstämme ständig wachsen, absterben oder sich von Talg ernähren, welches in der Pubertät vermehrt vorhanden ist.“, so der Dermatologe.

Täglich? What?

Verletzungen, UV-Licht, Ernährung, Hygienegewohnheiten, Kosmetika oder Antibiotika beeinflussen den Schutzschild tagtäglich und damit auch unsere Hautgesundheit. Während der Übergangszeit der Pubertät z.B. kommt das Mikrobiom schnell mal aus der Balance und wir nehmen dieses Ungleichgewicht in Form von Pickeln & Co. wahr. Kurzzeitige Fehlbesiedelungen können zwar recht gut ausgeglichen werden, aber ein permanentes Ungleichgewicht kann zu schwerwiegenden Hautkrankheiten führen.

Was passiert wenn das Hautmikrobiom gestört ist?

Ein leicht verständliches Beispiel, ist hier ein Pilz. Ob nun am Fuß oder der verhasste Vaginalpilz – von heute auf morgen kann sich der Pilz ausbreiten, weil der natürliche Schutzschild gestört ist. Genauso funktioniert das auch in Fall von anderen „Eindringlingen“. „Neueste Studienergebnisse zeigen: Ist das Mikrobiom der Haut gestört, begünstigt dies die Entstehung von Neurodermitis oder Akne. Der Grund: Durch das Fehlverhältnis der Bakterien kommt es zur Ansiedlung schädlicher Bakterien, die wiederum zu Hauterkrankungen führen können.“, erklärt mir Dr. Merkel.

Aber nicht nur die Eindringlinge von außen können unsere Hautflora aus dem Gleichgewicht bringen. Auch die übermäßige Reinigung oder gar Desinfektion der Haut kann die „guten“ Keime wegwaschen und so den schlechten den Weg bereiten.

Verstanden! Und nun?

Gemeinsam mit unserer Hautbarriere und einem gesunden pH-Wert bildet das Mikrobiom einen unsichtbaren Schutzschild auf der Haut, der für unsere Gesundheit maßgeblich ist. So viel sollte jetzt also klar sein. Aber was kann ich tun, damit ich eben jene gesunde Hautflora nicht schädige? Abgesehen von übertriebener Hygiene oder der Einnahme von Antibiotika? Hier wird es schwierig.

Beim Produktkauf haben wir so gut wie keine Chance, zu unterscheiden, ob ein Produkt nun gut für unsere Hautflora ist oder nicht. Und auch beim Thema pro- und präbiotische Hautpflege, das derzeit trendtechnisch ganz hoch im Kurs steht, ist nicht alles Gold was glänzt: „Es gibt Probiotika, die in Form von lebenden Bakterienstämmen in Cremes enthalten sind. Dies ist derzeit allerdings noch sehr teuer und aufwendig. Daher werden derzeit auch zersetzte Bakterien oder Nährstoffe für die Bakterien eigentlich fälschlicherweise als Probiotika verkauft.“, erklärt Dr. Merkel. Besonders für Neurodermitis- und Aknepatienten ist die Gabe von Bakterien durch Kosmetika spannend, aber die Forschung steht hier noch sehr weit am Anfang.

Wie sieht es denn aber im Fall meiner PoD aus? Könnte auch hier eine gestörte Hautflora das Ausbrechen begünstigen? Und welche Produkte können wir denn nun bedenkenlos kaufen, ohne Angst zu haben, die guten Keime wegzuwaschen? Hier bin leider auch ich mit meinem Latein am Ende. Es gibt (noch) keine verlässlichen Antworten darauf, inwiefern wir als Konsumenten echten Einfluss auf unser Hautmikrobiom nehmen können (mal abgesehen von Hygiene, Ernährung und Lebensstil). Aber ich persönlich finde das Thema dennoch unfassbar interessant und bin gespannt wie ein Flitzebogen, was die Forschung und Medizin hier in den nächsten Jahren herausfinden wird.

 

Eine Antwort zu “Das Hautmikrobiom: Unser unsichtbarer Schutzschild”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert