Goodbye Instagram? Von Algorithmen, Apps und Existenzängsten

Das Wort der vergangenen Woche lautete ohne Zweifel „Vero“.

Das Wort der vergangenen Woche lautete ohne Zweifel „Vero“. Das plötzliche Aufpoppen einer neuen App, die sich binnen Stunden wie ein Lauffeuer verbreitete und von der sogar gemunkelt wurde sie könne das Heilmittel gegen den Algorithmus-Verdruss bei Instagram sein – da ging so manchem Blogger der Arsch auf Grundeis. Mir jedenfalls. Wer jetzt nur denkt: „Vero was?“ Fangen wir doch mal von vorne an.

Eine App, gekommen, sie alle zu knechten…

Erst vereinzelt, dann immer häufiger postete, screenshottete und äußerte sich gefühlt JEDER bei Instagram über die neue App Vero und so verbreitete sich die Nachricht über die neue App in Windeseile durch die sozialen Medien. Einfach einen Screenshot des frisch angelegten Vero-Profils in die Story geladen und mit dem Kommentar versehen: „Ich weiß auch noch nicht genau was das soll, aber ich mach mal mit“, fertig. So auch ich.

Ich hatte zwar noch kaum Informationen über die App oder ihre Vorteile, aber ich hatte instinktiv panische Angst irgendwas zu verpassen und meldete mich trotzdem an (klingt blöd wenn man das so schreibt, aber es ist leider wahr). FOMO halt. Beim Öffnen der App dann… große Enttäuschung. Ich persönlich finde weder die Farben, noch das Layout sehr ansprechend und die Bedienung nicht sonderlich intuitiv. Aber gut. Erstmal schnell ein Bild hochladen und dann sehen wir weiter. Das einzige was ich aber sah, war eine Fehlermeldung nach der anderen. Zeitüberschreitung, Serverprobleme oder angeblich keine Internetverbindung.

Das einzige was ich aber sah, war eine Fehlermeldung nach der anderen. Zeitüberschreitung, Serverprobleme oder angeblich keine Internetverbindung

Und auch am nächsten Tag ließ sich weder etwas posten, noch Accounts suchen oder die Biografie bearbeiten. Dank zahlreicher Instastories wusste ich aber, dass ich damit nicht alleine war. Die vermeintlichen Vorteile der App: Sie ist, wie früher Facebook und Instagram, chronologisch aufgebaut. Sprich: Es herrscht (endlich) wieder Gleichberechtigung. Ich kann der Reihe nach sehen, was die Leute, denen ich folge gepostet haben. Yay! Dieser Fakt war wahrscheinlich das größte Verkaufsargument der neuen App, bedenkt man wie unzufrieden die meisten Nutzer mit dem derzeitigen Instagram-Algorithmus sind. Aber dazu später noch mehr. Neben Bildern können außerdem Links, Musik, Filme oder Bücher geteilt werden. Auch ziemlich cool. Außerdem ist sie (noch) komplett werbefrei und Follower lassen sich in Kategorien einteilen, sodass man zwischen privatem und öffentlichem Content unterscheiden kann.

Aber – ja es kommt ein Aber und zwar ein dickes, fettes!

Aber – ja es kommt ein Aber und zwar ein dickes, fettes. Abgesehen von den technischen Problemen und dem Fakt, dass Vero nur für die erste Million User umsonst sein soll (das hat Vero zwar inzwischen revidiert und die kostenfreie Nutzung auf unbestimmte Zeit verlängert), fing auch die Gerüchteküche nach nur wenigen Stunden des Hypes, ordentlich zu brodeln an. Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich machen, dass meine Informationen allesamt aus dem Netz kommen und somit nicht bestätigt sind. Ich persönlich finde es auch noch zu früh, sich dazu eine fundierte Meinung zu bilden, aber hier kommt eine kurze Zusammenfassung über die Infos, die derzeit im Netz die Runde machen:

  • Die Gründer der App sind keine typischen Computerfreaks, sondern der libanesische Milliardär Ayman Hariri sowie zwei weitere Gründer
  • Dieser soll bis vor kurzem stellvertretender Geschäftsführer einer Baufirma gewesen sein, die dadurch in die Kritik geraten ist, ihren Arbeitern keine Löhne gezahlt zu haben
  • Vero gibt es schon seit 2015, ist aber erst durch den derzeitigen Instagram-Hype bei vielen auf dem Radar aufgeploppt (clevere Werbekampagne?)
  • Auch in Sachen Datenschutz und Löschung des eigenen Profils kursieren so einige Gerüchte, die die App nicht gerade im besten Licht dastehen lassen

Boom. Diese Negativ-Infos kamen ebenso überraschend daher, wie zuvor der Hype. War die gesamte Social-Community erst nach rechts gelaufen, ging es jetzt ganz fix und im Gleichschritt wieder nach links

Boom. Diese Negativ-Infos kamen ebenso überraschend daher, wie zuvor der Hype. War die gesamte Social-Community erst nach rechts gelaufen, ging es jetzt ganz fix und im Gleichschritt wieder nach links. Mein Gefühl bei der Sache: pure Verwirrung. Denn: Ich mag Instagram. So – jetzt ist es raus.

Ich mag die Funktionen, das Design und den Fakt, dass ich dort jede Marke, so gut wie jeden Menschen und die neusten Trends finden kann, eben weil es so übermächtig ist. Außerdem habe ich mir über drei Jahre einen treuen Followerkreis aufgebaut und folge natürlich auch selbst vielen Accounts sehr leidenschaftlich, die ich alle in einer neuen App erst wieder suchen müsste. Aber nicht nur das – die App sichert im Grunde derzeit meinen Lebensunterhalt. Bevor der Blog genug Geld abwirft, dass ich davon leben kann, bemessen Marken meinen Wert derzeit an Instagram. An meiner Followerzahl, meinem Content und der Interaktion, die unter meinen Bildern statt findet. Traurig, aber wahr. Das Instagram-Game hat so einige von uns ziemlich in der Hand.

Das Instagram-Game hat so einige von uns ziemlich in der Hand

Habe ich vergangenes Jahr noch meinen festen Job als Redakteurin gekündigt um endlich selbstständig und unabhängig zu sein, finde ich mich jetzt in einer ganz anderen Abhängigkeit wieder. Nämlich in der von einer App. Wie ein Chef, hat auch Instagram gute und schlechte Tage. Und die muss ich ertragen. Rankt mich der Algorithmus hoch, sehen nicht nur meine Follower, sondern auch andere, potentielle neue Follower meinen Content. Das Ergebnis: Meine Reichweite wächst. Hat der Algorithmus aber mal wieder einen Furz quer liegen, so wie seit drei Wochen, schrumpft meine Reichweite auf die Größe einer Rosine. Alles was ich da tun kann, ist zusehen und abwarten. Zum Glück weiß ich, dass ich damit nicht alleine bin und kann mich regelmäßig mit anderen Instagrammern austauschen. Über den Algorithmus, vermeintliche Tricks ihn zu überlisten oder einfach nur um mal ein bisschen Dampf abzulassen. Genau wie beim Ärgern über den doofen Chef, tut das gut und schweißt zusammen.

An das Auf und Ab habe ich mich inzwischen ganz gut gewöhnt, so schlimm wie in den letzten drei Wochen aber, erging es mir noch nie

An das Auf und Ab habe ich mich inzwischen ganz gut gewöhnt, so schlimm wie in den letzten drei Wochen aber, erging es mir noch nie. Von meiner kleinen, aber feinen Reichweite (also den Konten, die ich mit meinem Content erreiche) ist bloß ein Viertel übrig geblieben. Da kommt mir sofort der ominöse „Shadowban“ in den Sinn. Ein Mythos, nach dem Instagram dich aus irgendeinem Grund von der Außenwelt abschirmt und deine Inhalte nur noch den Leuten zugänglich macht, die dir sowieso schon folgen. Ein bisschen so, als würde man auf die Ersatzbank verbannt und darf nur noch zuschauen, wie das Spiel weitergeht, ohne aktiv eingreifen zu können. Was dagegen hilft? Da gibt es so einige Theorien: Einfach mal ein paar Tage nichts posten, andere Hashtags verwenden oder checken, ob man gegen irgendwelche Regeln des sozialen Netzwerks verstoßen hat. Bei mir hat bisher nichts von alldem geholfen.

Und dann gibt es ja noch das Thema mit den Werbeanzeigen. Die einen sagen: „Unbedingt machen! Instagram findet das gut.“ Die anderen warnen: „Bloss nicht. Wenn du einmal damit angefangen hast, rankt dich der Algorithmus nach unten um dich dazu zu bringen, neue Anzeigen zu schalten.“

Am Ende des Tages möchte ich manchmal einfach nur ganz laut rufen: I dont get it!

Am Ende des Tages möchte ich manchmal einfach nur ganz laut rufen: I dont get it! Aus dem eigentlich so schönen und inspirierenden Tool ist ein knallhartes Geschäft geworden, das nach seinen ganz eigenen Regeln funktioniert. Aber was bleiben für Optionen? Eine Social Media Agentur für teures Geld dazwischen schalten, die von morgens bis abends Likes verteilt um Instagram Aktivität vorzugaukeln? Die App löschen und hoffen, dass die Leute den Weg auf den Blog schon irgendwie von alleine finden? Oder eben auf eine neue App setzen?

Mein Fazit

Ich möchte mich an diesem Punkt gar nicht auf eine Prognose zu Instagram, Vero oder der Zukunft der sozialen Medien hinreißen lassen. Ich sage nur so viel: Ich persönlich lecke mir jetzt nicht alle Finger nach einer weiteren App, die gepflegt, verstanden und bestückt werden will. Sollte sie sich allerdings durchsetzen und echte, erfahrbare Vorteile gegenüber Instagram bieten, dann werde auch ich mich ihr wahrscheinlich nicht entziehen können. Das bleibt beim derzeitigen Informationsstand aber abzuwarten.

Mein Freund fragt mich immer: „Was machst du denn wenn Instagram von heute auf morgen weg ist?“ Und da hat er absolut recht. Dann wär ich auch weg. Weil mein Blog noch zu neu ist um eine feste Stammleserschaft Tag für Tag ohne die Werbung auf Instagram anzulocken. Weil ich unzählige Kontakte zu Marken oder Bloggern verlieren würde, weil ich von vielen Trend gar nichts mehr mitbekommen würde. Für mich ein ziemliches Horrorszenario. Traurig, aber wahr: Ich habe einen neuen Chef, der mir derzeit mein Arbeitsleben mal leichter und mal schwerer macht. Und der sitzt irgendwo im Silicon Valley!

Traurig, aber wahr: Ich habe einen neuen Chef, der mir derzeit mein Arbeitsleben mal leichter und mal schwerer macht. Und der sitzt irgendwo im Silicon Valley!

4 Antworten zu “Goodbye Instagram? Von Algorithmen, Apps und Existenzängsten”

  1. Oh! ? nicht so einfach das Bloggerleben! Ich drücke Dir die Daumen. Eigentlich denke ich, dass die Digitalisierung die Zukunft ist. Aber wie für Vieles muss man sich in Geduld üben. Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag und dass Du auch mal abschalten kannst. ??✨

  2. Hey Karoline, eine neue Stammleserin hast Du schon – seit 2 Wochen lese ich Deine Beiträge regelmäßig, weil mir der Mix aus Kompetenz, Lässigkeit, Ironie und Style gut gefällt. Das Instadilemma kenne ich aber bestens: ich lege seit Ende letzte Jahres eine Frustpause ein, weil die Änderung des Algorhythmus meine Reichweite und das Followerwachsrum erst verlangsamt und dann fast ganz zum Stillstand gebracht hat. Ich bin zwar keine Bloggerin, aber eine Künstlerin und für mich ist (war?) Instagram eine wichtige Plattform um gesehen zu werden. Das funktioniert jetzt nicht mehr wirklich und das finde ich wahnsinnig schade. Wer schon sehr viele Follower hat, wächst weiter, wer eine kleinere Anhängerschaft aufweist, kann es mittlerweile fast bleiben lassen. Vielleicht ändert sich das auch mal wieder? Das wäre so schön und ich wünsche es Dir und mir ?
    Liebe Grüße und weiter so!

    • Liebe Katharina, vielen Dank für deinen lieben Kommentar und ich freue mich wahnsinnig, dass dir frolleineherr so gut gefällt 😉
      Instagram hat wirklich wahnsinnig viel Frustpotential, schade eigentlich. Aber ich bin trotzdem immer noch der festen Überzeugung, dass sich guter Content, egal wie klein der Account, immer durchsetzt. Deswegen drück ich dir fest die Daumen, dass es auch bi dir wieder aufwärts geht und wünsche dir einen schöne Abend!
      Liebst, Karo

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